Zukunft – Gottes achter Schöpfungstag?


Wenn wir die Vergangenheit studieren und verstehen wollen, dann immer nur um mit der Gegenwart fertig zu werden und für die Zukunft besser gerüstet zu sein – das ist eine Binsenweisheit. Schwierig wird es nur, wenn die Vergangenheit uns mit so widersprüchlichen Signalen versorgt, dass die Zukunft für uns zum Rätsel wird. Dann kann es passieren, dass unsere Gewissheiten wanken und wir nach ganz neuen Orientierungen und sogar Begriffen suchen.

Nehmen wir zum Beispiel den Kapitalismus

Seit mindestens zweihundert Jahren scheint für jeden ernsthaften Denker festzustehen, dass an ihm etwas grundsätzlich faul sei. Karl Marx hat in der kapitalistischen Produktionsweise ein Instrument zur Ausbeutung der Arbeiter gesehen – zu seiner Zeit haben diese noch neben den Bauern die größte Bevölkerungsgruppe gebildet. Wie wir wissen, ist die Arbeiterschaft aber in unserer Zeit in rapidem Schwund begriffen, und zwar in allen technologisch führenden Staaten. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz könnten jetzt schon die meisten industriellen Konsumartikel von der Waschmaschine bis zum Elektroauto in vollautomatisierten Fabriken ganz ohne Arbeiter hergestellt werden. Könnte die Welt auf Innovation und wechselnde Moden in Design und Zusammensetzung der Geräte verzichten, dann würde das nicht nur für die meisten sondern für sämtliche Industrieerzeugnisse gelten. Anders gesagt, hat die Definition des Kapitalismus als Instrument der Ausbeutung einer industriell tätigen Arbeiterschaft für die Zukunft ihre Geltung verloren.

Auch die Definition des Kapitalismus über das Privateigentum

an den Mitteln der Produktion und die Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt ist inzwischen wenig aussagekräftig. Schon Joseph Schumpeter hatte es für möglich gehalten, dass der Staat das Produktions- und Konsumgeschehen aller einzelnen Akteure durch eine zentrale Planungsbehörde erfasst. Zu seiner Zeit war das freilich nur eine theoretische Möglichkeit, die aber mit Big Data inzwischen zur realen Alternative wurde. Das wäre dann eine zentral gesteuerte Wirtschaft, die im Prinzip genauso funktioniert wie eine dezentrale Marktwirtschaft – nur dass Produktion und Konsum nicht durch Tausende von Entscheidungen der einzelnen Marktteilnehmer geregelt werden sondern durch einen zentralen Computer, der all diese Entscheidungen erfasst und bewertet. Ein Unternehmer in spe wendet sich in diesem Fall um Risikokapital nicht an Privatinvestoren sondern an eine zentrale staatliche Planungsstelle. Überhaupt treten an die Stelle des privaten Gewinns dann staatliche Güter- oder Geldzuweisungen (wie das ja im real existierenden Sozialismus auch geschah, aber mit stark verminderter Effizienz, da Big Data damals noch nicht zur Verfügung stand. Nur China hat diesen Schritt inzwischen mit außerordentlichem Erfolg vollzogen).

Wesentlich geändert wird allerdings nichts, wenn man den privaten durch einen Staatskapitalismus ersetzt, denn auch dieses System funktioniert nur, wenn man die privaten Lieferanten von Ideen und Initiative entsprechend belohnt. Ob man diese Belohnung privaten Gewinn und privates Eigentum nennt oder staatliche Anerkennung und Honorierung bleibt im Endeffekt gleich (so gleich wie die geisttötende Arbeit an einem Fließband, die um keinen Deut dadurch erträglicher wird, dass man den Arbeiter durch Aktienbesitz zu einem Miteigentümer der Firma macht. Die Entfremdung bleibt, um die Marxsche Terminologie zu benutzen, in jedem Fall gleich). Der innovative Einzelne aber spielt in beiden Systemen notwendig die entscheidende Rolle – jedes System muss ihm die nötigen Anreize dafür bieten, der Allgemeinheit seine Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Worten, für den Blick auf die Zukunft leistet uns auch die Definition des Kapitalismus aufgrund von Privateigentum keine wirkliche Hilfe.

Dagegen hat Max Weber ein entscheidendes Merkmal

benannt: „Kapitalismus /ist/ identisch mit dem Streben nach Gewinn, im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb: nach immer erneutem Gewinn, nach ‘Rentabilität‘.“

Auf den ersten Blick erscheint diese Definition der von Karl Marx aufgestellten  verblüffend ähnlich. Während Letzterer aber darauf besteht, dass den Arbeitern ein rechtmäßiger Gewinn entgeht, dessen Vorenthaltung er Ausbeutung nennt, behandelt Max Weber das Streben nach Gewinn als einen ethisch neutralen Tatbestand. Und er tut es aus gutem Grund: Kein Mensch kann ein Interesse daran haben, Rohstoffe und arbeitende Menschen für die Produktion bestimmter Güter einzusetzen, wenn er für die eigene Initiative und die eigenen Ideen nicht (geistig oder materiell) entsprechend belohnt wird. Diese Belohnung nennt man Gewinn. In Ausbeutung schlägt der Gewinn erst in dem Augenblick um, wo er unter den Bedingungen des Monopols oder eines verminderten Wettbewerbs in beliebige Höhen geschraubt wird. Damit dies nicht passieren kann, gehört ein funktionierender Wettbewerb zu den konstituierenden Voraussetzungen einer echten Marktwirtschaft.*1* Wie gerade auch Marx gezeigt hat, kann der Gewinn bei perfektem Wettbewerb sogar gegen Null absinken (ebenso auch der Lohn) – dann würden die Unternehmen sich gegenseitig zu Tode konkurrenzieren.*2*

Für Marx sind grundsätzlich alle sozialen und ökonomischen Probleme

gelöst, sobald die Machtergreifung des Proletariats der Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit ein definitives Ende setzt. Marx versteht Geschichte als permanenten Klassenkampf, den erst die Enteignung der Privateigentümer abschaffen wird. Aus Marx lässt sich ableiten, dass die Menschheit nach dieser sozialen Revolution an das glückliche Ende aller Geschichte gelangt. Mit dieser Theorie hat Marx ein modernes Märchen geschaffen, das auch heute noch viele seiner geistigen Kinder verzaubert: „Und wenn sie nicht sterben, dann werden sie von da an immerfort glückselig sein.“

Aber Marx hat sich geirrt

Während der mindestens eine Million Jahre seiner geschichtlichen Existenz hat Homo sapiens nur in einem einzigen Prozentteil dieser Zeit, nämlich während der letzten zehntausend Jahre, einen scharfen Kampf der Klassen gekannt. Die ganze Zeit davor, nämlich 990 000 Jahre, als Horden von maximal 50 Menschen die Weiten des Globus durchstreiften, hat es keine Klassen gegeben. Dieser Kampf entstand erst in den großen Agrargesellschaften (von Mesopotamien und Ägypten über China, Indien und Europa bis zu den Inkas und Azteken der neuen Welt), weil eine Minderheit von 5 bis maximal zwanzig Prozent bewaffneter Männer mühelos eine Mehrheit von 80 bis 95 Prozent sesshafter Bauern in Schach halten und systematisch ausbeuten konnte. Die einen waren Soldaten und Herrscher, die anderen deren Nahrungslieferanten. Die Verhältnisse vor der industriellen Revolution unterschieden sich eben grundlegend von den heutigen. Wir haben den wohlhabenden Landwirt unserer Tage vor Augen und projizieren dessen Bild in die Vergangenheit, auf diese Weise verschaffen wir uns eine weitere Märchenidylle.

Dieser zehntausend Jahre währende Klassenkampf setzte sich noch in den frühen Jahren des Industriellen Kapitalismus fort und führte besonders in England etwa ein halbes Jahrhundert lang zu jenen furchtbaren Zuständen, die Karl Marx so eindringlich beschrieben hat. Doch diese Anfangszustände währten nicht lange. Danach haben immer breitere Bevölkerungskreise wachsenden Wohlstand erworben. Schon im Todesjahr von Karl Marx lebte eine Mehrheit in ganz Europa bereits auf einem materiellem Niveau, wie es die mitleidslos für die oberen zehn Prozent schuftende neunzigprozentige Mehrheit der Landbevölkerung zehntausend Jahre lang nicht einmal erträumen konnte. Vergessen  wir nicht: Vor Beginn der industriellen Revolution im achtzehnten Jahrhundert musste diese Mehrheit von den oberen zehn Prozent stets mit Gewalt am Aufstand gehindert werden (wenn sie nicht in Hungersnöten ohnehin dezimiert worden ist). Dieser zehntausend Jahre währende Klassenkampf wurde, anders als Marx dies prophezeite, durch die industrielle Revolution (organisiert als privater oder staatlicher Kapitalismus) nicht etwa stärker entfacht als zuvor sondern im Gegenteil wesentlich abgeschwächt. In einem materiell rapide wachsenden Land wie China hält die Bevölkerung still, obwohl das System kaum politische Freiheiten gewährt. Der chinesische Staatskapitalismus hat das Wunder vollbracht, einer der ärmsten Bevölkerungen der Welt innerhalb weniger Jahrzehnte zu materiellem Wohlstand zu verhelfen.

Unter der Voraussetzung, dass die Staaten weiterhin wachsen

und alle Schichten an diesem Wachstum partizipieren (das gilt für China, aber in viel geringerem Maße für die kaum noch wachsenden Staaten des Westens) stellt die Marxsche Kapitalismuskritik keine Hilfe dar, um die Zukunft besser zu verstehen. So wie während der gesamten zehntausend Jahre Agrarzivilisation gibt es weiterhin Ausbeutung, aber sie ist im Ganzen ungleich geringer und nicht speziell auf die kapitalistische Produktionsweise zurückzuführen. Wenn Steven Pinker unsere Zeit (mit wenigen Abstrichen) als die beste verherrlicht, während sein ehemaliger Lehrer Noam Chomsky sie im Gegenteil (mit wenigen Abstrichen) für die schlechteste hält, so ist aus objektiver Sicht eher dem Schüler beizupflichten. Allerdings muss man diese objektive Betrachtungsweise streng von der subjektiven Sicht unterscheiden. Subjektiv erscheint vielen materiell wohlhabenden Menschen bei uns im Westen die eigene Situation viel schlechter als den Menschen der Dritten Welt die eigene Lage, obwohl dort tatsächlich Not und Elend herrschen.

Die Webersche Definition des Kapitalismus

eröffnet eine ganz andere Perspektive als die von Karl Marx. Max Weber erzählt uns kein Märchen von einer grundlegend veränderten Welt, sofern das Eigentum nur aus privaten Händen in die des Staates übergeht. Weber war ein hartgesottener Realist. Seine wesentlich faktennähere Auffassung des Kapitalismus verbirgt er allerdings in einer scheinbar beiläufigen Ergänzung: Ihm zufolge besteht der moderne Kapitalismus in „dem Streben nach immer erneutem Gewinn /meine Hervorhebung/.“ Gab es bei Marx nur den statischen Gegensatz: dort Ausbeutung vor der Machtergreifung des Proletariats, hier die von Ausbeutung erlöste Gesellschaft nach der proletarischen Revolution, so erkennt Weber das eigentliche Merkmal des Kapitalismus als prozesshaftes Geschehen – d.h. als ständige Erneuerung, nie endendes Immer-Mehr.

Denn genau darin besteht das Wesensmerkmal der neuen Wirtschaftsform

Sie ist auf ständiges materielles Wachstum angelegt. Dieses aber setzt einen im Prinzip unendlichen Zufluss von Rohstoffen voraus, vor allem von Energie, die erst in Form von Kohle, dann als Öl und schließlich als Gas aus dem Innern der Erde gefördert wurde. Hätte man diese unterirdischen Quellen nicht anzapfen können, dann wäre der vorindustrielle europäische Kapitalismus ebenso ein kurzes Strohfeuer geblieben wie ähnliche Entwicklungen in asiatischen Kulturen, z.B. in China und Indien. Kapitalismus ist ein Prozess des Immer-mehr, also ein permanentes Wachsen, aber dieses stoffliches Wachsen ist grundsätzlich nur möglich, wenn und solange die zu verwertenden Rohstoffe in ausreichender Menge vorhanden sind. Das war in dem Augenblick der Fall, als man Energie in Form von Kohle, Öl und Gas in großen Mengen aus dem Boden zu fördern begann.

Joseph Schumpeter hat die Prozessnatur des Kapitalismus

noch schärfer erkannt als Max Weber, indem er das wesentliche Merkmal des Kapitalismus in einer schöpferischen Zerstörung erblickte, d.h. in der Innovation. Damit löste er auch das von Marx nicht verstandene Problem, dass sich die Unternehmen keineswegs zwangsläufig zu Tode konkurrenzieren (in den Augen von Marx geradezu eine Art von sozialem Naturgesetz) – dieser Fall würde nur in einer Wirtschaft ohne Innovation eintreten. Aber es ist eben die beständige Neuerung: die Erfindung neuer Produkte und besserer Produktionsverfahren, welche den Innovatoren Gewinn verschafft und beständiges Wachstum ermöglicht (sogar mit steigenden Gewinnen). Schumpeter definierte den Kapitalismus als Prozess nicht in einem Nebensatz wie Max Weber sondern erblickte darin sein eigentliches Wesen.

Dennoch hat auch Schumpeter nicht das Problem erfasst, das jeder Prozess zwangsläufig aufwirft, sofern er nicht rein geistiger, also immaterieller Natur ist. Wir können uns Innovation als ein unendliches Feld vorstellen, weil dem menschlichen Geist keine natürlichen Grenzen gezogen sind. Aber ein Prozess, der auf einer beständig steigenden Zufuhr materieller Stoffe beruht – nichts anderes ist ja das ökonomische Wachstum -, ein solcher Prozess stößt in einer endlichen Welt notwendig auf unüberschreitbare Grenzen.

Kapitalismus als unendliches Wachstum trat damit schon zu seinem Beginn als sterbliches Phänomen in Erscheinung – als durchaus unschöpferische Selbstzerstörung. Irgendwann würde das große Fest zu Ende sein, das Wachstum einbrechen und sein Gegenteil, Verfall und Schrumpfen, an dessen Stelle treten. An die Stelle immer neuen Gewinns würden Gewinnverfall und eine siechende Wirtschaft treten, die erst am Ende dieses zwangsläufigen Prozesses zu einer statischen wird.

Der eminente Ökologe Herman E. Daly und in jüngster Zeit William E. Rees,

der Erfinder des ökologischen Fußabdrucks, haben diesen Umschlag vom propagandierten Wachstum zum erzwungenen Schrumpfen vorhergesagt. Der Kapitalismus als Wachstumsprozess wird daher nicht deshalb sterben, weil er auf Ausbeutung beruht – im historischen Vergleich findet diese weniger als in den vorangehenden zehntausend Jahren statt – sondern weil ihm der Stoff zu ewigem Wachstum fehlt. Eine nachhaltige Wirtschaft, die mit den heutigen Mitteln der Technik die verschiedenen Formen der Sonnenenergie auf erneuerbare Weise nutzt, kann nur etwa einem Viertel der heutigen Menschheit einen Lebensstandard auf westlichem Niveau ermöglichen, das konnte William E. Rees aufzeigen. Im Umkehrschluss läuft diese Feststellung darauf hinaus, dass die Menschheit ihren gegenwärtigen Konsum um drei Viertel kürzen muss, um nachhaltig auf diesem Globus zu existieren.

Diese ernüchternde Einsicht wird gern unter den Tisch gekehrt. Die Bestseller-Autorin Naomi Klein attackiert vom Anfang bis Ende ihres Buches „This changes everything“ die Großindustrie, womit sich jeder Autor in großen Kreisen beliebt macht. Dem Leser wird vorgegaukelt, dass der Massenkonsum von betrügerischen Industrien verursacht wird, die hilflose Menschen dazu verführen, immer mehr Autos, Computer und Handys zu konsumieren – so als ob Chinesen, Inder oder auch wir im Westen in Wirklichkeit lieber auf den Konsum verzichten und in die Steinzeit zurückkehren würden. Die Tatsache, dass wir alle verantwortlich sind und am Ende radikale Opfer erbringen müssen, diese schmerzliche Einsicht wird in Naomi Kleins Attacken gegen Big Business allenfalls angedeutet. Sie weiß, dass man sich mit der Enthüllung der Wahrheit nur wenig Freunde macht.

Doch selbst mit dieser bitteren Wahrheit ist die ganze Dramatik unserer Situation noch nicht erfasst. Die genannte Berechnung von William E. Rees spricht ja nur von erneuerbarer Energie. Von den vielen nicht erneuerbaren Mineralien, welche die Menschheit – d.h. die globalen Industrien und die Käufer ihrer Produkte – in immer größerem Umfang verbrauchen, ist da noch keine Rede.

Zum ersten Mal ist an diesem Punkt wirklich von Zukunft die Rede,

nämlich von unserer Zukunft im 21. Jahrhundert. Wir müssen uns der Einsicht stellen, dass jeder Prozess materiellen Wachstums zwangsläufig an ein Ende stößt. Ein einziger großer Wissenschaftler, nämlich John Stuart Mill, hat schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts vorausgesagt, dass die Menschheit zu einer statistischen Wirtschaft zurückfinden muss. Der Historiker Arnold Toynbee hat diese Einsicht hundert Jahre danach aufgegriffen, als er davon sprach, dass die in England erfundene industrielle Revolution sicher nicht ewig währen könne. Herman Daly hat diese Einsicht in die Forderung nach einer statischen Wirtschaft gekleidet (steady-state economics). Im 21. Jahrhundert ist das Bewusstsein einer bevorstehenden Dämmerung der industriellen Zivilisation diffus verbreitet – die Klimakrise hat den Menschen die Augen geöffnet. Die Frage ist nur, ob und wie wir den Abschied vom Immer-Mehr schaffen.

Denn dieser Abschied verlangt radikalen Verzicht. In einer Gesellschaft, die seit mehr als hundert Jahren alle Mittel der Propaganda zum geraden Gegenteil mobilisiert, nämlich zu steigendem Konsum, ist Verzicht jedoch eine Vokabel, die der Tabuzone angehört. Selbst die Frage „Ob wir das schaffen?“ – der Titel meines jüngsten von Herman Daly besonders gelobten Buches – erscheint da als dröge Mahnung, die niemand hören will, nicht einmal ein sonst so kritischer Beobachter wie Robert Menasse. Er riet mir, ich solle mein Buch doch besser mit einem optimistischen Titel wie „Der achte Schöpfungstag“ schmücken. Das war gut gemeint, aber weniger gut gedacht. Wenn wir unseren materiellen Lebensstandard auf ein Viertel reduzieren müssen, so werden das die meisten von uns sicher nicht als einen zweiten Beginn der Schöpfung sondern eher als katastrophalen Verlust erleben.

Die kapitalistische Wirtschaftsform eines unaufhörlichen Immer-Mehr

wurde nur von ganz wenigen hellsichtigen Denkern als eine Kraft kommender Selbstzerstörung durchschaut. Hingegen wirkte sie sich augenblicklich stimulierend im Verhalten der Menschen aus. War die Weltbevölkerung während eines ganzen Jahrtausends bis etwa 1800 annähernd konstant geblieben, schnellte sie danach innerhalb von nur zweihundert Jahren von einer einzigen auf sieben Milliarden empor. Noch im Jahr 1789, als die industrielle Revolution längst begonnen hatte, hielt der anglikanische Priester Thomas Malthus eine solche Entwicklung für schlechthin unmöglich. Eisern beharrte er auf dem uralten Gesetz, das bis dahin für alle Lebewesen, einschließlich des Menschen, notwendig zu gelten schien: Sie vermehren sich schneller, als die Vergrößerung ihrer Nahrungsmittelbasis erlaubt. Aber Malthus sollte sich irren. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Prophetie des Engländers auf spektakuläre Art widerlegt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Menschen kam es zu einer sprunghaften Vermehrung, und dennoch war genug Nahrung für alle da. Herbeigeführt wurde dieses Wunder durch die Nutzung von Kohle (später kamen noch Öl und Gas hinzu). Dadurch wurde so viel Energie freigesetzt, dass sich die Nahrungsbasis noch schneller erweiterte, als Homo sapiens sich vermehren konnte. Es gab in Europa bald nicht nur viel mehr Menschen als je zuvor sondern die meisten von ihnen lebten auch sehr viel besser.

Erst heute sind wir zu der Einsicht gezwungen, dass Malthus trotz allem Recht behält. In dem Augenblick, wo das in der Erde gespeicherte Energiereservoir nicht länger zu unserer Verfügung steht, weil wir es entweder erschöpften oder weil CO2, der Rückstand der Verbrennung, unseren Erdball auf unerträgliche Art überhitzt, tritt das von ihm aufgestellte Gesetz erneut in Kraft. Heute müssen wir einsehen, dass es in der gesamten eine Millionen Jahre währenden Geschichte des Menschen nur etwa zweihundert Jahre seine Geltung verlor.

Noch allerdings will niemand dieses Gesetz anerkennen,

schon gar nicht die aufstrebenden Staaten. China feiert sich selbst dafür, dass es einem wachsenden Teil seiner Bevölkerung inzwischen einen annähernd westlichen Lebensstandard bieten kann. Für diese außerordentliche Leistung wird es auch von der ganzen übrigen Welt als nachahmenswertes Vorbild gefeiert. Es wäre ja auch kaum zu begründen, warum nur der Westen in materiellen Überfluss leben soll.

Freilich ist es kaum hundert Jahre her, da haben China und Indien noch nachhaltig gelebt, d.h. sie verzehrten nicht mehr Natur als ihnen diese nachhaltig auf dem eigenen Territorium zur Verfügung stellte. In kürzester Zeit werden China und Indien, danach Afrika und Innerasien zum Westen aufschließen und genau wie dieser vier bis fünf Globen in Gestalt der immer noch unterirdisch schlummernden Energiereserven verzehren. Dabei wird der Kampf um die noch vorhandenen Reserven (Kohle, Öl und Gas) zwangsläufiger immer heftiger werden. So steuert der Globus in den kommenden Jahrzehnten immer gefährlicher und schneller auf die Erschöpfung der Ressourcen hin und die damit einhergehende Vergiftung von Luft, Wasser und Erde, weil immer mehr Nationen das industrielle Wachstumsmodell übernehmen.

Niemand kann einem Staat verargen, dass er das Gleiche tut wie alle anderen auch – insgesamt aber ist die Wirkung verheerend, zumal in diesem Wettlauf der Nationen alle ihre Ansprüche durch militärische Stärke befestigen wollen – also geht wirtschaftliches Wachstum Hand in Hand mit einem Wachstum der Rüstung. Auf diese Weise wurde und wird unsere Welt mit jedem Jahr mehr zu einem Pulverfass, wo selbst Kleinstaaten von der Art Nordkoreas mit Atombomben drohen.

Ob wir das schaffen?

Diese Frage ist wirklich entscheidend für unsere Zukunft, und zwar nicht nur für die Zukunft von Österreichern, Deutschen, Engländern, Südafrikanern oder Chinesen sondern für die Zukunft aller Menschen auf diesem höchst verletzbaren Globus. Wird es uns gelingen, den industriellen Kapitalismus des Immer-Mehr durch eine nachhaltige Zivilisation abzulösen, indem wir eine zwanghafte Wachstumswirtschaft durch eine statische ersetzen?

Ich behaupte, dass die Optimisten durchaus recht haben könnten, wenn sie die Frage bejahen. Würden einzelne Staaten wie Österreich, England oder Japan sich dazu entschließen, die eigene Wirtschaft ganz auf erneuerbare Energie umzustellen und die Haltbarkeit der Geräte um ein Vielfaches zu steigern, so dass der Konsum entsprechend gedrosselt wird, dann ließe sich das Ziel einer Reduzierung des materiellen Verbrauchs um drei Viertel vermutlich erreichen. Der Lebensstandard müsste (wie ich in meinem Buche an konkreten Beispielen zeige) nicht einmal entscheidend verringert werden. Dennoch wäre der Übergang überaus schmerzhaft, da natürlich auch Produktion und Arbeitsplätze entsprechend verringert werden. Insgesamt hätten wir es mit einem mindestens ebenso starken Eingriff in die bestehende Wirtschaft zu tun, wie er in der Vergangenheit durch die beiden Weltkriege bewirkt worden ist – einem Eingriff mit anderen Worten, der viel tiefer und weiter reicht als die Folgen der gegenwärtigen Pandemie.

Das ist doch ein phantastischer Unsinn!

empört sich spätestens hier der sogenannte „normale“ Leser. Welcher Staat, welcher Politiker, welche Partei kann auch nur den Gedanken laut äußern, der eigenen Bevölkerung eine Schrumpfkur zu verordnen, die der Wirkung eines Weltkriegs gleicht? Diese Politiker und dieser Staat würden doch auf der Stelle von Opposition und Wählervolk hinweggefegt werden! Die meisten würden insgeheim wohl auch denken – selbst wenn sie sich nicht offen dazu bekennen: Eher nehmen wir das Schmelzen der Gletscher, den Anstieg der Meere, die Ausbreitung der Wüsten, die Vernichtung der Arten, die Vergiftung von Luft, Wasser und Böden und sogar die Emigration ganz Afrikas nach Europa in Kauf. Denn wer garantiert uns denn überhaupt, dass die Wissenschaftler sich nicht irren? Trump hat von Anfang an nie an den Klimawandel geglaubt, und die Erschöpfung der Rohstoffe und zunehmende Vergiftung der Natur würde er überhaupt für einen Unsinn halten!

Abgesehen einmal von dieser spontanen Weigerung,

solche Bedrohungen ernst zu nehmen, gibt es aber noch einen weiteren Einwand – und dieser erweist sich als der überhaupt stärkste. Die Optimisten können zwar darauf verweisen, dass eine grüne Gesinnung immer mehr um sich greift und auch alle möglichen kleinen Schritte in dieser Richtung vollzogen werden. Davon hören wir tagtäglich in den Nachrichten, und zwar inzwischen beinahe überall auf der Welt, und sie sind erfreulich und sehr zu begrüßen.

Aber von diesen erfreulichen Tatsachen geht zur gleichen Zeit eine wenig erfreuliche, nein geradezu brandgefährliche Wirkung aus: Sie errichten eine Fassade der Illusion. Der grüne Glauben ist zu einer Ideologie der Selbsttäuschung geworden, die dazu dient, eine völlig andere Realität zu verhüllen. Bisher steht fest (die Zahlen eines insgesamt weltweit steigenden Ressourcenverbrauchs reden da eine unmissverständliche Sprache), dass kein Staat sich zu Maßnahmen entschließt, die ihm im Wettbewerb mit anderen entscheidende Nachteile bringen. Ein geradezu vernichtender Nachteil wäre aber der Entschluss, echte Nachhaltigkeit durch eine Reduktion des Energieverbrauchs um drei Viertel zu riskieren und den Verbrauch nicht erneuerbarer Mineralien noch stärker einzuschränken.

Das Wettrennen der Nationen

um die größere ökonomische und militärische Macht lässt einen solchen Schritt einfach nicht zu. Er würde jeden Staat, der ihn vollzieht, zum Kolonialgebiet für andere machen, die ihn nicht vollziehen, und er würde die eigene Bevölkerung auf die Barrikaden bringen, wenn ihr ein solcher Verzicht auferlegt wird, der übrigen Welt aber nicht.

Die Frage „Ob wir es schaffen?“ erhält damit eine eindeutige Antwort: Wir können es nicht schaffen, solange die Welt aus zwei, drei Blöcken konkurrenzierender Weltmächte besteht, von denen keine auch nur einen einzigen Schritt vor den anderen zurückweichen will. Unser anfänglicher Optimismus schlägt an diesem Punkt in Pessimismus um. Wenn die Vereinigten Staaten oder Deutschland Inseln wären, dann könnten sie es natürlich schaffen – oder aber, wenn die Menschheit den letzten Schritt zu ihrer Vereinigung vollzieht, denn dann wäre auch sie eine Insel und das mörderische Rennen der Nationen wäre beendet. Aber an eine solche Vereinigung ist im Augenblick nicht zu denken – noch nicht zu denken. Sie ist auch nicht länger durch Krieg herbeizuführen, wie das bei nahezu allen Vereinigungen in der Vergangenheit zu beobachten war. Denn Krieg zwischen den Großmächten läuft im 21. Jahrhundert auf einen atomaren Schlagabtausch hinaus, der die Menschheit noch stärker bedroht als alle durch den Klimawandel beschworenen Gefahren. Eine realistische Aussicht auf friedliche Vereinigung angesichts drohender Selbstauslöschung besteht vorläufig aber ebenso wenig. Selbst die Vereinigung Europas ruft ja nach wie vor alle möglichen Gegenbestrebungen auf den Plan.

Was bleibt ist eine existenzielle Bedrohung unser gemeinsamen Zukunft

Die industrielle Revolution – mehr noch als der Kapitalismus – hat einen Prozess des Immer-Mehr nicht nur in ökonomischer sondern ebenso in militärischer Hinsicht in Gang gesetzt – das ist das eigentliche Menetekel des 21. Jahrhunderts. Alle Staaten werden weiterhin nach Wachstum streben, nur um in dem weltweiten Rennen nicht hinter den anderen zurückzubleiben. So gesehen hat Robert Menasse sicher recht: Es wäre so viel schöner ein Optimist zu sein und unsere Zukunft als achten Schöpfungstag zu begrüßen.

*1* Ich selbst hatte mich in meinem bei S. Fischer erschienenen Buch „Das Ende des Kapitalismus – Triumph oder Kollaps eines Wirtschaftssystems?“ an Marx orientiert, indem ich Kapitalismus als die parasitäre Vermehrung von Eigentum mit Hilfe von fremder Arbeit bezeichne. Das hat den Vorteil, alle Formen der Ausbeutung jenseits der Realwirtschaft im finanziellen Sektor einzuschließen, aber den Nachteil,  dass der Kapitalismus eben auch ohne Ausbeutung auskommen kann – wie Max Weber richtig gesehen hat.

*2* Eigentlich hätte Marx daher zugeben müssen, dass der richtige Gewinn irgendwo zwischen null und ausbeuterisch liegt. Genau ist dieses Niveau aber nie zu bestimmen, da jedes ganz neue und auf dem Markt begehrte Produkt einem Unternehmen zeitweise ein Quasimonopol verschafft.

Von Robert Menasse erhalte ich folgende Antwort:

Lieber Gero,das ist ein sehr guter Text, einsichtig und nachvollziehbar argumentiert, sowohl was den historischen Aufriß als auch die daraus folgende Perspektive(n) betrifft. Genau das habe ich befürchtet. Was einen (zumindest kleinen) Restoptimismus begründen kann oder könnte, wäre die Berücksichtigung von zwei Aspekten, die in deiner Argumentation nicht vorkommen (und von denen ich allerdings auch nicht sagen kann, wie stark man sie bewerten kann):Erstens gibt es eine Art Refrain in der Menschheitsgeschichte, der immer wieder eine zumindest kurze Phase der „Läuterung“ war – nämlich die allgemeine Zustimmung zu Besinnung und Neubeginn nach großen Menscheitskatastrophen. Etwa nach 1945 oder nach 1989, als aus den Erfahrungen mit totalitären Systemen die Konsequenz gezogen wurde, demokratische Verhältnisse und den Anspruch auf Gerechtigkeit und Beachtung der Menschenwürde zu verwirklichen. (Ich kenne die Einwände, erspare sie mir hier.) Ich zähle auch die Phasen dazu, in denen es zu mehr oder weniger konsequenten Befriedung der Konflikte von Systemwechseln kam. Man kann auch sagen: Große Katastrophen oder Bedrohungen haben politisch Entscheidungen möglich gemacht, die vorher völlig undenkbar gewesen waren. Zweitens hart sich in der Geschichte auch immer wieder gezeigt, vor allem in den letzten zweihundert Jahren, als stete Innovation die Triebfeder gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Entwicklung war, dass selbst diejenigen, für die diese Innovationskräfte-Dynamik nachgerade ein Naturgesetz ist (also fast alle), sich nie vorstellen konnten, was der Druck auf stete Innovation real morgen hervorbringen und welche Wirksamkeit er entfalten werde. Alles was wir heute hochrechnen, tun wir auf der Basis der Spielregeln des Status Quo, und Innovation ist in diesen Berechnungen nur eine statistische Kurve und kein möglicher Gamechanger, wie zum Beispiel die Erfindung der Dampfmaschine oder des Internets. Dass also „etwas kommt“, was wir noch gar nicht berücksichtigen können, aber die Bedingungen der Möglichkeiten grundlegend verändert, ist nicht nur nicht auszuschließen, sondern zu erwarten (in einer wie auch immer dialektischen Dynamik). Der Fetisch des unendlichen Wachstums bei endlichen Ressourcen ist natürlich das Hauptproblem. Ich fürchte, dass dieser Punkt, nämlich nicht nur die theoretische Einsicht in die Endlichkeit der Ressourcen, sondern die reale Erfahrung des Endes mit all seinen Auswirkungen, tatsächlich erreicht werden muss, um den Wachstums-Fetisch ins Historische Museum zu stellen. Vielleicht muss erst ganz brutal klar werden: entweder wird die Erde eine einzige große Osterinsel, menschenleer mit menschlichen Artefakten, oder eine neue Welt für den Menschen. Vielleicht wäre das ein Titel: „Das Wachstum der Osterinsel“ – ? (Da hättest Du begründeten Pessimist und zugleich Optimismus im Titel, denn Ostern steht auch für Wiederauferstehung…) (Ergänzte hier einen Smiley. 
PS: Ich habe schon vor Jahren versucht, das nachgerade „Faustische“ der Wachstumsproblematik in einem Theaterstück darzustellen. Ich hänge es hier an, falls es dich interessieren sollte.


Sehr herzliche Grüße von deinem Robert

Meine Replik:

Lieber Robert,

vielen Dank für Deine verständnisvolle Antwort, der ich vor allem drei Gedanken entnehme. Du sagst:

„die reale Erfahrung des Endes mit all seinen Auswirkungen, /muss/ tatsächlich erreicht werden.. , um den Wachstums-Fetisch ins Historische Museum zu stellen“ und: „Große Katastrophen oder Bedrohungen haben politisch Entscheidungen möglich gemacht, die vorher völlig undenkbar gewesen waren.“

Das ist auch meine Meinung und der alleinige Grund, warum ich mein im Text erwähntes Buch denn doch mit einem positiven Ausblick beende. Große Bedrohungen können zu plötzlichem Umdenken führen – hoffen wir nur, dass es dazu nicht einer „großen Katastrophe“ bedarf!

Den dritten von Dir geäußerten Gedanken halte ich für schön, aber leider auch für gefährlich, nämlich die von Dir ausgesprochene Gewissheit „Dass.. „etwas kommt“, was.. die Bedingungen.. grundlegend verändert, ist nicht nur nicht auszuschließen, sondern zu erwarten.“

Die Erwartung eines Wunders ist immer ermutigend, aber leicht misszuverstehen: Ruinieren wir getrost den Planeten, so bleibt uns doch immer die Hoffnung auf einen Deus ex Machina, der uns im letzten Moment retten wird. Ich glaube, dass wir uns eine solche Gewissheit besser verbieten (damit schaffen wir das Wunder ja nicht ab!), weil sie uns daran hindert, uns den Tatsachen zu stellen und – soweit es an uns liegt – das Notwendige zu tun.

Herzliche Grüße aus Hohenilz

Gero

Dr. Johannes Rauter gesteht mir – Gott sei gedankt! – eine befriedigende Note zu:

Sehr geehrter Herr Jenner,

Sehr gute Herleitung. 

Als ich 1996 das erste Mal in China war, fragte ich meine Dolmetscherin:
Wie stellt ihr Chinesen das eigentlich  vor, ein westlicher Lebensstandard für 1,3 Milliarden, das hält doch die Welt nicht aus? Die Antwort: „Was glauben Sie eigentlich! Wir arbeiten auch acht Stunden am Tag und haben ein Recht auf genau denselben Konsum. Irgendwelche Probleme? Das löst die Technik!“

Ja, Sie haben Recht, das Wirtschaftssystem, das das ohne den permanenten
Zufluss an Energie und Rohstoffen auskommt, muss noch erfunden werden.
Es ist absolut notwendig.
Nur wer kann’s, wenn nicht der „groundbreaking capitalism“ von Schumpeter.
Kennen wir ein anderes Movens das Innovation so befeuern kann? Am Ende bleibt uns tatsächlich nur mehr Technik und eine gute, vor allem akzeptierte Philosophie der Bescheidenheit.

Und eine Hürde hat noch keiner genommen: Nur Not, nicht Einsicht ändert Verhalten (Corssen hat’s vielleicht mal so formuliert). Fragt sich nur, wer diese Not dann gerade noch überlebt. Mein frommer Wunsch, könnte es nicht mal umgekehrt sein.

Mit freundlichem Gruß

Johannes Rauter

Bernd Winkelmann schreibt:

Sehr geehrter Herr Jenner,

ich habe mich mal wieder sehr über einen Ihrer letzten Aufsätze gefreut: „Zukunft – Gottes achter Schöpfungstag?“ 

Sie beschreiben sehr treffend das, worum es heute geht: den Kapitalismus als ein Gewinnmaximierungssystem, als ein „Immer-mehr“ zu überwinden. Die ökologischen Grenzen unserer Erde zwingen dazu. Langsam dämmert das einigen, aber die Konsequenzen ziehen z.B. durch Verzicht auf Wohlstandsprivilegien, das wollen die meisten nicht.

Ich schicke Ihnen anbei den Entwurf eines Arbeitspapiers mit, in dem ich mich / wir uns in der Akademie Solidarische Ökonomie genau mit diesen Fragen beschäftigen und „unters Volk bringen“ wollen – unter Menschen, die wenigsten nach diesen Dingen fragen.

Ihr Buch „Ob wir das schaffen?“ werde ich mir anschaffen.

Seien Sie mit guten Wünschen herzlich gegrüßt von

Bernd Winkelmann

Prof. Peter Kupfer (Sinologie) schreibt mir folgende Zeilen:

Lieber Gero,

eine perfekte Gesamtschau, die mich noch mehr zu einem persönlichen Treffen und Gespräch reizt. Auch hoffe ich, so bald wie möglich eines Deiner neusten Bücher lesen zu können. Hier nur so viel: Alles sogenannte Nachhaltige birgt ja auch grenzenloses Wachstum: Rohstoffe, Energie, CO2-Ausstoß, Zerstörung der Umwelt für die Produktion von Solarmodulen, Windrädern, Stromleitungen, Batterien etc. und deren Entsorgung. Insofern bleibt als einziger Ausweg das Ende des Anthropozäns. Vielleicht zeigen uns die neuen Sonden auf dem Mars Belege, wie es danach auf der Erde aussehen wird.

Nachmals Dank für die Denkanstöße und herzliche Grüße,

Peter

Der Schriftsteller und Pfarrer Eginald Schlattner ehrt mich wieder mit besonders freundlichen Zeilen:

Verehrter Gero Jenner, alles genauestens gelesen. Eine enzyklopädische Analyse. Marx stand mir als Student nahe. Bei einem Wettbewerb habe ich einen Max Weber gewonnen (wusste woher das Wort für Faulpelze kommt: Oblomow,in unserer Familie Usus für Tagschläfer).
 Plünderung des Erdballs! Beklemmung seit Jahrzehnten. Das auch weil studierter Hydrologe und wissender Geologe.
Bei jeder vernickelten Gabel ist die Welt an Erdschätzen ärmer geworden.
Übrigens: Verneigte mich jüngst vor Ihrem Wagemut, die Dinge beim Namen zu nennen.
„Wer mit seinem Nachbarn in Frieden leben will, meide die Wahrheit.“ Weiterhin mes hommages! Ihr Eginald Schlattner