Antwort auf seine Kritik an Wohlstand und Armut.
Für jeden Autor ist es eine große Freude, wenn er einen aufmerksamen Leser findet, und diese Aufmerksamkeit kann ich Herrn Prof. Senf nicht absprechen. Er setzt sich mit den Argumenten von Wohlstand und Armut im Einzelnen auseinander. Eine Stellungnahme von seiner Seite ist umso wertvoller, als er zu den wenigen Wirtschaftsprofessoren gehört, die sich gegen den Mainstream stellen und dafür auch persönliche Nachteile in Kauf nehmen mussten.
Ein unehrlicher Rezensent
Ich werde daher auf Polemik verzichten, nur eines kann nicht ungesagt bleiben. Bernd Senf ist in seiner Argumentation nicht ehrlich. Er verzerrt meine Aussagen – manchmal ganz bewusst, was ich im Folgenden zeigen werde.
Zunächst habe ich keineswegs eine Lobeshymne auf die Eigentumsgesellschaft angestimmt. Ich sage nur, dass unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts die beiden anderen historisch bezeugten Modelle: die Solidargesellschaft (Gesellschaft des Schenkens und Teilens) und die Feudalgesellschaft (auch in ihrer modernen Form als Sozialismus), keine Alternative darstellen. Gesellschaften des Schenkens und Teilens wurden nie in einer Massengesellschaft verwirklicht, und es ist leicht einzusehen, warum. Die historischen und argumentativen Nachweise meines Buches brauche ich hier nicht zu wiederholen. Feudalistische Regime in ihrer alten und ihrer neuen sozialistischen Form wurden dagegen bis in die jüngste Zeit sehr wohl realisiert, und sie bilden den einzig echten Gegenentwurf zur Eigentumsgesellschaft. Mit seiner Forderung nach Aufhebung des Privateigentums (an den Mitteln der Produktion) hat Marx selbst das ja auch ganz unmissverständlich ausgesprochen. Senf macht nicht deutlich, ob er dieses Gesellschaftsmodell (einen modernen Feudalismus, wo alles dem Staat gehört) nun wieder einführen möchte, nachdem es seit Beginn der neunziger Jahre in weiten Teilen der Welt abgeschafft worden ist.
Die Eigentumsgesellschaft sehe ich als das kleinere Übel, keineswegs verherrliche ich sie
Er verzerrt meine Darstellung der Eigentumsgesellschaft, weil er meine Kritik an ihr bewusst übersieht. Ich lasse in meinem Buch ja keinen Zweifel daran, dass diese Wirtschaftsform – ein Punkt, in dem ich Marx ausdrücklich beipflichte – den Keim der Dekadenz und der Selbstzerstörung von Anfang an in sich birgt. Wo immer sie sich entfaltet, führt sie zwar zu einer erstaunlichen Mobilisierung von Talent und Können (auch das wird von Marx im KM ausdrücklich anerkannt), aber mit der Zeit werden die Sieger im Wettbewerb zunehmend stärker, während die Verlierer immer mehr an den Rand abgedrängt werden. Anders gesagt, ist die Eigentumsgesellschaft ein System ohne natürlichen Gleichgewichtszustand. Stellt der Staat diesen nicht im Auftrag der Allgemeinheit her, so geht aus einer Wohlstand erzeugenden Wirtschaft schließlich ein System hervor, das nur noch eine Minderheit von Reichen und Superreichen begünstigt.
Bernd Senf unterschlägt diese von mir deutlich genug hervorgehobene Doppelnatur unseres Wirtschaftssystems – und in dieser Unterschlagung kann ich nur eine bewusste Unehrlichkeit erblicken.
Fehlende historische Kenntnisse
Wenn er meine Feststellung, Eigentumsgesellschaften würden oft – nicht immer – aus einem Zustand künstlich erzeugter Gleichheit entstehen, mit dem Hinweis zu erledigen glaubt, dass davon doch im Frühkapitalismus, wie ihn Marx beschreibt, weiß Gott keine Rede sein könne, so hat er wiederum außer Acht gelassen, was ich an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Thema zitiere, nämlich dass in England eine größere Gleichheit schon mit der Enteignung von Kirchen- und Feudalbesitz durch Heinrich VIII. eingeleitet wurde. Der englische Kapitalismus begann nicht erst gegen Ende es 18. Jahrhunderts. Bernd Senf hat mein Buch zwar gelesen, aber er unterschlägt Passagen, die seine Polemik nicht unterstützen.
Meine angeblichen Vorurteile über die Natur des Menschen
Er glaubt mir auch eine ideologisch vorgefasste Meinung über die menschliche Natur nachweisen zu können: Der Mensch sei, so würde ich behaupten, immer schon habgierig und eigensüchtig gewesen. Das ist wiederum eine unehrliche Argumentation. Ich betone ausdrücklich, dass – nach allem was wir heute wissen – Gesellschaften des Schenkens und Teilens, also der praktizierten Solidarität, in vielen Teilen der Welt sehr wohl existierten. Ich bin auch überzeugt, dass Menschen unter solchen Bedingungen um einiges glücklicher waren als wir es heute sind. Unterschiede von Glück und Unglück sind ja nicht nur für Gesellschaften bezeichnend, sondern ebenso auch für Individuen. Es gibt Familien, in denen sich beide Partner ein Leben lang gut verstehen, und es gibt solche, in denen sie vom ersten Augenblick an miteinander streiten. Was sollen wir da als menschliche Natur bezeichnen?
Senf als Esoteriker – auf nach Saharasia
Ich, für mein Teil, behaupte nicht, darüber genau Bescheid zu wissen. Herr Senf aber behauptet das mit umso größerem Nachdruck. Er verweist auf ein mythisches Saharasia – nur ihm und einigen wenigen wissenschaftlichen Esoterikern bekannt – und auf eine Zeit des Matriarchats, wo die Menschen permanent in Glück und Frieden lebten. Vielleicht – ich habe dazu keine Meinung. Ich finde es nur seltsam, dass man, um dieses Eldorado zu finden, es irgendwo in einer ganz fernen Vergangenheit aufsuchen muss, über die wir bestenfalls Mutmaßungen anstellen können. Das erinnert mich etwas an die sechziger Jahre, als viele Idealisten nach Art von Herrn Senf fest daran glaubten, dass unter Mao gerade der neue Mensch im Entstehen sei. Solange die wahren Zustände in China in den Nebel eigenen Unwissens eingehüllt blieben, vermochte dieser Glaube in gewissen Kreisen wahre Begeisterungsstürme zu entfesseln. Und wehe dem, der mit Zweifeln kam! Doch dann begann sich der Nebel um das Reich der Mitte allmählich zu lichten. Die Fakten wurden bekannt, unter anderem, dass allein dem „Großen Sprung nach vorn“ an die 45 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Jetzt sollen wir, um wieder ein Reich des glücklichen Menschen zu finden, bis nach Saharasia pilgern. Ich sage nicht, dass menschliche Gemeinschaften nicht immer wieder einem Zustand des Glücks nahe kamen, vielleicht auch in Saharasia. Ich sage lediglich, dass solche Träume völlig irrelevant im Hinblick darauf sind, welches Gesellschaftssystem wir für uns wählen und wie wir seine gefährlichen Tendenzen bändigen.
Und dann bricht auch noch der Populist durch
Als Populist weiß Bernd Senf, welcher Erfolg sich auch dadurch erzielen lässt, dass man einen Autor in eine frauenfeindliche Ecke stellt. Ob ich denn noch nichts vom Matriarchat gehört hätte? Oh doch! Dass Frauen in dieser Gesellschaft den ihnen gebührenden Platz finden sollen, versteht sich für mich von selbst. Aber eines trennt mich von der populistischen Position, die Bernd Senf vertritt. Anders als dieser glaube ich nicht – und weiß mich da einig mit vielen Frauen -, dass man deshalb von einer Herrschaftsform, dem Patriarchat, in ein anderes, das Matriarchat, wechseln solle.
Senf fährt noch stärkere Geschütze auf. Er wirft mir vor, dass ich die Gewalttätigkeit der Eigentumsgesellschaften beschönige (Kolonialismus, Imperialismus, Neoliberalismus, strukturelle Gewalt gegenüber Mensch und Natur), weil ich „den Egoismus, die Konkurrenz und die Gewalt als etwas Naturgegebenes und in den menschlichen Genen Verankertes“ sähe. Auch dies ist eine Unterstellung, der sich Senf umso genüsslicher bedient, als er sich davon offenbar einen besonderen populistischen Effekt verspricht. Wer kann einen Autor noch als seriös einschätzen, der solche Überzeugungen vertritt?
Populismus ist Senf so wichtig, dass er ihm zuliebe den wissenschaftlichen Standard vergisst: Er setzt sich über Fairness und Objektivität hinweg. Zwar ist es richtig, dass ich wie die heutige Anthropologie von der genetischen Konstanz des Menschen während der vergangenen 100 000 Jahre ausgehe. Aber über diese genetische Disposition selbst sage ich nichts. Ich maße mir nicht an, darüber Genaueres zu wissen. Allerdings habe ich zur Vorsicht gemahnt. Der Binnenmoral in den Gesellschaften des Schenkens und Teilens steht nach außen sehr oft – das ist ein trauriges, aber leider unleugbares historisches Faktum – eine Außenmoral gegenüber, in der die Stammesfremden als Nichtmenschen, Barbaren oder sogar als auszurottende Feinde gesehen werden. Das hört Senf nicht gern. Er übergeht die historische Wahrheit, wenn sie seinen vorgefassten Meinungen widerspricht. Lieber führt er uns nach Saharasia.
Vermeintliche Fehler
Auch sonst lässt Senf zwar keine Zeile ungelesen, aber leider fehlt es ihm an wissenschaftlicher Genauigkeit. So glaubt er mir in Bezug auf meinen Gebrauch des Mehrwertbegriffs endlich einen sachlichen Fehler nachweisen zu können. Ich würde den Begriff anders als Marx gebrauchen, „ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen.“ Befleißigt sich Senf hier der Kunst des ungenauen Lesens oder begeht er neuerlich eine Unehrlichkeit? Der unvoreingenommene Leser mag das für sich entscheiden. Ich habe meine Definition des Mehrwerts ausdrücklich auf Seite 19 erklärt und im Sachverzeichnis noch zusätzlich unter „Mehrwert, Definition“ darauf verwiesen.
Wie gesagt, in der Sache verfährt Senf gerne ungenau, umso selbstgewisser ist er in seinen Werturteilen. Wie hört man ihn triumphieren, wenn er mir vorwirft, dass ich mit meinem Buch über Wohlstand und Armut zwar einen Berg zum Kreißen brächte, aber man dann doch leider nur eine Maus herauskriechen sehe! Er meint den Neuen Fiskalismus.
Senf liebt die große Geste, da sind ihm die Vorschläge der anderen viel zu klein
Nun, von seinem Standpunkt aus hat er ja Recht. Ein Slogan wie „expropriiert die Expropriateure“ oder der Aufruf zur Einführung des Matriarchats oder die Umerziehung zum neuen Menschen unter Mao oder die Rückkehr ins mythische Saharasia – das sind in der Tat weltbewegende Programme, leider zum Teil mit furchtbaren Folgen (nur das Matriarchat würde hier wohl eine Ausnahme bilden).
Doch hier schlägt jemand ganz konkret und prosaisch ein neues System der Besteuerung vor? Ja, was denn, Besteuerung? Wo ohnehin niemand etwas von Steuern wissen will?
Herr Senf lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen, sich wieder zum Populisten aufzuschwingen. Und das, obwohl ihm doch gewiss nicht entgangen ist, dass die in Wohlstand und Armut vorgeschlagene Besteuerung des Verbrauchs in ihren Folgen viel weiter reicht, als alle bisherigen Reformprogramme der Eigentumsgesellschaft. Zum ersten Mal wird gezeigt, dass wir das Problem der fortschreitenden Konzentration der Vermögen lösen können, ohne dass wir deshalb mit Marx die Eigentumsgesellschaft selbst abschaffen. Wieder muss man Herrn Senf der Unehrlichkeit zeihen. Er kann den immer wieder hervorgehobenen Zweck des Neuen Fiskalismus nicht übersehen haben.
Diese Unehrlichkeit und dieser Populismus ziehen sich leider durch seine ganze Polemik. Auch seine zahlreichen Zitate aus meinem Buch täuschen nicht darüber hinweg, dass er nicht nur selektiv vorgeht, indem er nach Bedarf wesentliche Teile meiner Argumentation unterschlägt. Es kommt noch schlimmer: Er verdreht das Gemeinte ebenfalls nach Bedarf.
Absichtliche Verdrehung der Wahrheit
So meint er, ich widerspräche mir, wenn ich, obwohl ich doch Geldschöpfung als fiktiv hinstellte, der Notenbank sehr wohl die Möglichkeit einräumen würde, Geld aus dem Nichts zu schaffen. Ist ihm wirklich entgangen, dass ich – im Gegensatz zu ihm selbst – mit aller Deutlichkeit zwischen zwei Arten der Geldschöpfung unterscheide: jener durch die Notenbanken, die selbstverständlich aus dem Nichts erfolgen kann (dann nämlich wenn diese Papier mit Ziffern bedruckt, ohne dass dem Zuwachs an Notengeld eine entsprechende Vermehrung der volkswirtschaftlichen Leistung entspricht), und der Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken, die ja auch Herr Senf für erfunden hält, sofern es sich um die sogenannte „multiple Kreditschöpfung“ handelt?
Ein Kinderglauben durch den anderen ersetzt
Was die letztere betrifft, so stellt sich Bernd Senf mit Entschiedenheit gegen den Mainstream. Mit mir und Helmut Creutz ist Senf überzeugt (jedoch ohne in Der Nebel um das Geld dafür eine wissenschaftliche Begründung zu liefern. Er spricht nur von „sinnlosen Antworten“ auf „sinnlose Fragen“), dass die multiple Geldschöpfung nicht in der Wirklichkeit existiert, sondern ausschließlich in den Hirnen von Ökonomen. Nur hat er sich anschließend vor der eigenen Courage und dem entstandenen Vakuum so sehr gefürchtet, dass er an die Stelle eines erfolgreich besiegten Phantoms gleich ein anderes setzt, nämlich sein eigenes. Demnach soll die Geldschöpfung aus dem Nichts den Geschäftsbanken nun doch möglich sein, aber auf eine andere, eben die von ihm beschriebene Art.
Ich bleibe jedoch auch nach seinen ergänzenden Ausführungen bei der in meinem Buch begründeten Kritik. Gleich an mehreren Stellen weise ich nach, dass Senf in seiner Argumentation logisch fehlerhaft und widersprüchlich verfährt (Zusatz vom 2.11.2014. Noch bündiger als in ,Wohlstand und Armut‘ habe ich den Denkfehler in Anm. 11 in einem Artikel Das Geld und das Nichts aufgezeigt.
Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzufügen. Mögen andere entscheiden, wer von uns beiden im Recht ist! Dem Problem der Geldschöpfung habe ich in meiner Arbeit mit Absicht nur wenige Seiten gewidmet. Die Welt hat es mit wichtigeren Problemen zu tun – ich übrigens auch.
Wer Recht hat, braucht meist wenig Worte, wer nicht, umgibt sich gern mit undurchdringlichen Wortgespinsten
Abschließend möchte ich noch auf einen kuriosen Gegensatz aufmerksam machen. Im Hinblick auf sein Steckenpferd: die vermeintliche Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken, spart Senf nicht mit Worten. Zwei Drittel seiner Ausführungen beziehen sich auf dieses Phantom. Aber wie sagte einmal Madame de Stael? Ein klarer Gedanke braucht wenige Worte. Durch seine Klarheit erklärt er sich selbst. Senf hingegen muss immer neue Anläufe unternehmen, um einem Phantom einen Platz in der Wirklichkeit zu verschaffen.
Wo steht Prof. Senf eigentlich?
Auch sonst liebt Senf das Halbdunkel und die Ambiguität. Ist er Gesellianer? Dagegen verwahrt er sich. Ist er Marxist? Darauf lässt seine Attacke gegen die Eigentumsgesellschaft schließen. Aber fordert er dann mit Marx die Aufhebung des Privateigentums? Er lässt uns darüber im Unklaren. Stattdessen gibt er seinen esoterischen Neigungen nach und will uns nach Saharasia entführen, wo er so lästige Fragen nicht zu beantworten braucht. Wenn wir ihm mangels esoterischer Disposition dorthin nicht folgen wollen, dann droht er uns mit Wilhelm Reich: Wir sollen doch bitte unseren Charakterpanzer ablegen!
Der vermeintliche Widerspruch
Ja, nun bin auch ich in die Polemik abgeglitten, und Polemik ist selten gerecht – wie mir Herr Senf am Ende seiner Ausführungen auch seinerseits vorwirft. In meinen früheren Schriften hätte ich mich mit größter Vehemenz gegen die verheerenden Wirkungen des Zinssystems ausgesprochen, jetzt sei ich von meinen früheren Überzeugungen abgerückt und würde mit Spott und Hohen auf den früher von mir doch so verehrten Helmut Creutz eindreschen. Abermals hat Herr Senf schlecht gelesen. Ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich den Aufklärer Creutz und sein Geldsyndrom heute noch genauso hoch schätze wie früher. Was die verheerenden Auswirkungen des Zinssystems angeht, so habe ich meine Meinung durchaus nicht geändert. Allerdings habe ich inzwischen dazugelernt – und dies in Wohlstand und Armut auch ausführlich begründet. Es ist nämlich leicht zu zeigen, dass es zur Konzentration der Vermögen auch ohne den Beitrag des Zinssystems kommt – und das hat Karl Marx richtiger gesehen. Der Reichtum der Millionäre und Milliardäre wird zunächst einmal in der Realwirtschaft angehäuft (z.B. im heutigen China). Mit Spott – nicht Hohn – habe ich mich deshalb im Hinblick auf das Rezept der Umlaufgebühren geäußert, deren Einführung die Finanzkrise weder aufhalten könnte noch sie verhindert hätte, wenn wir nämlich aufgrund solcher Gebühren in einem zinslosen Idealsystem lebten. Ich achte Helmut Creutz als Analytiker ganz wie zuvor, aber ich erlaube mir, seine Nähe zur INWO mit ihren allzu simplen Reformrezepten für ein Missgeschick zu halten. Auch in diesem Punkt hat Bernd Senf mich leider – bewusst oder unbewusst – missverstanden.
Das Doppelgesicht eines Professors
Abschließend möchte ich aber doch noch anmerken, dass Bernd Senf in seinen Schriften – und wo immer er sine ira et studio spricht – weder unehrlich noch populistisch ist, sondern oft sehr überzeugend. Er trägt nur leider ein Doppelgesicht, das des Wissenschaftlers, der der Wahrheit verpflichtet ist, und das des tollkühnen Esoterikers, der mit Vorliebe in den trüben Wässern des Unbewiesenen und Unbeweisbaren badet und es dann mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Vor allem aber kann Prof. Senf keine Kritik vertragen. – darüber ist er erhaben – schon gar keine Kritik an der von ihm erfundenen Geldschöpfungstheorie. Man fühlt sich an so manche Familie erinnert, die gerade das missratene Kind besonders ins Herz schließt. Mit der Geldschöpfungstheorie scheint sich Senf geradezu zu identifizieren und jeden Einwand deshalb als einen Angriff auf seine Person zu werten.
Ein Wort zur Güte
Doch ich möchte mit einem Appell abschließen. Wie bedauerlich ist es doch, dass Leute mit ansonsten ziemlich übereinstimmender Sicht auf die ökonomische Wirklichkeit einander befehden, obwohl ihre Unterschiede doch vor allem darauf beschränkt sind, dass sie sich zu anderen Maßnahmen zur Lösung der anstehenden Probleme bekennen! Prof. Bernd Senf – ich sage es noch einmal – ist einer der wenigen, die gegen den akademischen Strom anschwimmen und manches viel klarer sehen als ihre „politisch korrekten“ Kollegen. Würden wir unsere Energien nicht in gegenseitigem Kräftemessen vergeuden, dann könnten wir uns gegen unsere gemeinsamen Feinde verbünden: die Dummheit, die Kurzsichtigkeit und die absichtliche Verleugnung der Wahrheit.
Ein neuerer Artikel über Bernd Senf: „Sinn und Unsinn einer Reform des Geldsystems (Bemerkungen zu Silvio Gesell, Helmut Creutz und Bernd Senf“