(erscheint auch in ‚Humane Wirtschaft‘ und fbkfinanzwirtschaft)
Es gibt kein unmittelbareres, kein elementareres Eigentum als das, was ich an meinem eigenen Körper habe. Wenn man mich fesselt, ins Gefängnis wirft oder auch nur meinen Tätigkeitsbereich beschränkt, dann verliere ich das Recht auf dieses angeborene Grundeigentum – meine Freiheit wird aufgehoben. Im Extrem macht man Menschen zu Sklaven, indem man ihnen die Verfügung über den eigenen Körper nimmt. Dieser unterliegt nicht mehr ihrem eigenen Wollen, sondern gerät unter die Botmäßigkeit von Fremden. In der Antike und in den Südstaaten der United States haben die Sklavenhalter andere Menschen zu ihrem Eigentum gemacht und auf diese Weise die eigene Freiheit erhöht. Sie potenzierten ihren Reichtum, aber das geschah auf Kosten der Freiheit anderer Menschen.
Ein Grundbedürfnis des Menschen: die Verfügung über sich selbst und sein Eigentum
Die Definition von Eigentum als exklusive Verfügungsberechtigung hat hier – beim eigenen Körper – ihren Ausgangspunkt. Ich bin frei, wenn ich über Dinge – angefangen beim eigenen Körper – nach meinem Wollen, meinen Plänen und meinem Lebenszweck verfüge. Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass es einem Menschen die tiefste Befriedigung verschafft, sich von keinem anderen sagen lassen zu müssen, was er mit seinem eigenen Körper anstellen soll, wenn also kein fremdes Wollen, fremde Pläne und fremde Zwecke an die Stelle des eigenen treten und dadurch seine Freiheit beschneiden. Aus genau diesem Grund sind ja alle Arten der Kollektivierung, wo Menschen von oben gegängelt werden, auf so erbitterten Widerstand gestoßen – sie beschneiden ein Grundbedürfnis des Menschen: die Verfügung über sich selbst und die Dinge, die er als sein Eigentum für sich in Anspruch nimmt.
Eigentum bildet das erweiterte Ich
Freiheit wird demnach auf die gleiche Art verstanden, wenn sie sich über den eigenen Körper hinaus auf die Dinge der äußeren Welt erstreckt. Mein Haus, mein Garten, meine Bücher und Geräte bilden mein Eigentum – eine Erweiterung des eigenen Selbst -, wenn sie ausschließlich mir gehören, weil sie mir dienen: nämlich meinem Wollen, meinen Plänen und meinem Lebenszweck. Auch in diesem Fall sind Eigentum und Freiheit unlösbar miteinander verbunden. Das gilt auch für den Genuss, den mir solches Eigentum zu verschaffen vermag. Wir ‚verwirklichen’ uns nicht nur in unserem Körper, unserem selbstbestimmten Lebenslauf, sondern ebenso in den Dingen, die uns umgeben, sie sind unser erweitertes Ich. Alle Einschränkungen und Eingriffe, die sich der Staat oder irgendeine andere Instanz an meinem Eigentum erlauben, erscheinen mir subjektiv als ‚Entfremdung’ von diesen Dingen und als Verlust an Freiheit. Eine Eigentumswohnung etwa oder gar ein Eigentumshaus dient der Verwirklichung eigener Pläne, mögen diese nun in Vorstellungen von Gemütlichkeit, architektonischer Schönheit oder privater Abgeschiedenheit bestehen; eine Mietwohnung hingegen dient den Zwecken fremder Eigentümer und schränkt daher meine Freiheit wesentlich ein. Es ist verständlich, dass fast jeder, der es sich leisten kann, lieber Eigentümer als Mieter ist.
Why Nations Fail
So ist es nicht erstaunlich, dass jede erfolgreiche Demokratisierung, sowie die nachhaltigsten und belebendsten Auswirkungen auf die Wirtschaft von Reformen ausgehen, welche eine Verteilung von Eigentum auf bisher eigentumslose Schichten bewirken. Demokratien sind in der Regel überhaupt erst dadurch entstanden, dass die Ballung von Macht in den Händen einer feudalen oder sozialistischen Oberschicht erst einmal beendet wurde – meist auf dem Wege von Revolutionen. Ich kenne kein Buch, dass die tonisierende Wirkung solcher Eigentumsverteilung so überzeugend beschreibt wie ‚Why Nations Fail’ von Acemoglu und Robinson.*1*
Grund und Boden sind begrenzt
Allerdings macht sich an dieser Stelle ein regelmäßig eintretender Konflikt bemerkbar: der zwischen dem elementaren Bedürfnis aller Menschen nach (in Eigentum bestehender) Freiheit und der Möglichkeit, diese für eine maximale Zahl von ihnen auch tatsächlich zu realisieren. In jedem einzelnen Staat wie auch auf dem Globus als ganzem ist der Vorrat an zu bewirtschaftendem Land im Verhältnis zur Bevölkerung begrenzt. Wenn eine kleine Zahl von Eigentümern über sämtliches Land verfügt, läuft dies zwangsläufig darauf hinaus, dass eine Mehrheit darauf verzichten muss. Oder anders gesagt: Liegt die Verfügungsberechtigung über Grund und Immobilien in der Hand einer kleinen Zahl von Investoren, dann läuft dies natürlich darauf hinaus, dass eine Mehrheit niemals ein gleiches Maß an Verfügungsberechtigung und damit an Freiheit genießt. Ist dieser Widerspruch auflösbar?
Wenn Eigentum eine Mehrheit von Menschen unfrei macht
Eigentum ist janusköpfig: Es hat die sichtbare Eigenschaft, ein Instrument der Freiheit zu sein, dann nämlich, wenn ich die volle Verfügungsberechtigung darüber genieße, es kann aber auch das genaue Gegenteil bewirken, wenn ich lediglich der Nutzer fremden Eigentums bin und mich daher dem Wollen, den Plänen und dem Lebenszweck anderer Menschen zu fügen habe. Der kapitalistische Eigentümer, der große Mengen an Land aufkauft, möglicherweise ohne jemals auch nur den Fuß darauf zu setzen, vermehrt zwar die eigene Freiheit, hebt aber zur gleichen Zeit die Freiheit vieler anderer Menschen auf, denen er vorschreiben kann, was sie auf seinem Grund und Boden zu tun und zu lassen haben. Nichts anderes bewirkt ein kollektivistischer Staat, wenn er alles Land ‚sozialisiert’ und dessen jeweilige Nutzung seinen Bürgern von oben verordnet. Die grassierende Sabotage in den sowjetrussischen Kolchosen war nichts anderes als ein Aufstand gegen Ohnmacht und Unfreiheit. Aus freien Bauern, die bis dahin auf eigenem Land eigenes Wollen, Pläne und Lebenszwecke verwirklichten, waren unfreie Landarbeiter geworden, die sklavisch die Anweisungen einer allmächtigen Bürokratie zu befolgen hatten. Acemoglu und Robinson haben gezeigt, wie solche Unfreiheit – in ihren Worten ‚ausbeuterische Institutionen’ (extractive institutions) – wirtschaftliches Leben erstickt und auf Dauer nur von Diktaturen durchgesetzt werden kann.
Vollwertiges, gerechtes Eigentum
Gelingende Landreformen – gleichgültig ob gegen das geballte kapitalistische Eigentum in den Händen weniger Fonds oder Großgrundbesitzer gerichtet oder gegen das kollektivistische (sozialisierte) Eigentum in der Hand einer kommunistischen Nomenklatura – verfolgen den Zweck, Eigentum, welches die Freiheit weniger Großeigentümer mit der Unfreiheit einer großen Zahl abhängiger Nutzer erkauft, in vollwertiges, gerechtes Eigentum umzuwandeln, in solches also, welches ausschließlich Freiheit verschafft. Das ist der Fall, wenn der jeweilige Eigentümer frei darüber verfügen kann, aber ohne die Freiheit anderer einzuschränken, indem er sie als Sklaven, Leibeigene, Pächter, Zeitarbeiter, Mieter etc. zu eigenen Zwecken benutzt. Wer ein Stück Land selbst bewirtschaftet, der geht damit wie mit seinem eigenen Körper um, also pfleglich und meist sogar liebevoll. Während er auf den Kolchosen das Staatseigentum geraubt oder misshandelt hatte, wenn er Traktoren und Erntemaschinen nicht einfach dahinrosten und auf diese Weise verkommen ließ, behandelt er alles persönliche Eigentum wie eine Kostbarkeit, weil er damit sein je eigenes Wollen, seine Pläne und seinen Lebenszweck realisiert. Wie gesagt, ist es alles andere als ein Zufall, dass gelingende Landreformen fast immer am Beginn einer sich demokratisierenden, freien Gesellschaft stehen.
Die Tragik der Allmenden
Weil es im elementaren Interesse jedes Eigentümers liegt, mit den von ihm verwalteten Dingen so sorgfältig umzugehen wie mit dem eigenen Körper, bedarf dieser Umgang keiner äußeren Aufsicht durch andere Menschen, schon gar keiner Kontrolle durch einen Staat. Ganz anders verhält es sich mit Allmenden, dem Gemeineigentum, auf das jeder Bürger zugreifen darf. Es war und ist immer und überall aufs stärkste gefährdet (‚the Tragedy of the Commons’). Die Meere werden leer gefischt oder rücksichtslos mit Plastik und anderen Abfällen verseucht, Boden und Flüsse vergiftet, wenn das Gemeineigentum nicht der strengsten Kontrolle durch die Allgemeinheit unterliegt, oft repräsentiert durch den Staat oder internationale Organe. Ohne diese ständige Überwachung und Aufsicht holt sich jeder auf Kosten aller anderen, was er sich nur zu holen vermag oder, schlimmer noch, er nutzt das Gemeineigentum als kostenfreie Senke – wie das gegenwärtig mit den Meeren geschieht. Dennoch sind Allmenden eine unverzichtbare Institution in bestimmten Bereichen (hierzu vgl. Fußnote 2).
Gerechtes Eigentum ist kein Diebstahl, sondern das genaue Gegenteil: darin manifestiert sich ein Grundbedürfnis des Menschen
Die Verwandlung von vollwertigem, gerechtem Eigentum, das den einzelnen frei macht, in moralisch anfechtbares Eigentum, das einige wenige frei, aber viele andere unfrei macht, weil es auf deren Kosten erworben wird, bezeichnet einen Trend, der so alt ist wie die dadurch bewirkte menschliche Ungleichheit (die Geschichte der Ungleichheit, welche nach der neolithischen Revolution beginnt, hat der Polyhistor Walter Scheidel in einem bemerkenswerten Buch ‚The Great Leveler: Violence and the History of Inequality’ über alle großen Kulturen bis in die Gegenwart verfolgt). Eben weil Freiheit als selbstbestimmte Verfügung über das eigene Ich und die es umgebenden Dinge ein so elementares Bedürfnis ist und so tiefe Befriedigung verschafft, streben die meisten Menschen nach immer mehr Freiheit und immer mehr Verfügungsgewalt.*2* Genau damit aber stoßen sie schnell an die Grenze, wo sie beständig und in steigendem Maße die Freiheit anderer beschneiden. So grell in die Augen springend, so vorherrschend, so bedrückend kann diese Tendenz in Erscheinung treten, dass die eigentumslosen Massen im Eigentum selbst schließlich den Grund allen Übels erblicken und große Denker ihnen in dieser Einschätzung folgen. So ist zu erklären, dass Philosophen wie Rousseau („der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab …“), Proudhon oder Marx das Eigentum überhaupt zum Diebstahl erklärten.*3* Sie sahen die Unfreiheit, welche das moralisch anfechtbare Eigentum mit sich bringt, aber sie waren seltsam blind für das elementare Bedürfnis des Menschen nach freier Verfügung über sich selbst und die ihn umgebenden Dinge, welche ihm gerade das gerechte Eigentum zu verschaffen vermag.*4*
Henry George
Das Buch ‚Progress and Poverty’, zuerst veröffentlicht im Jahre 1879, erwies sich als sensationeller Welterfolg. In englischsprachigen Ländern übertraf sein Absatz während der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts den aller sonstigen Bücher mit Ausnahme der Bibel. Henry George lieferte eine Erklärung, warum gerade die am höchsten entwickelten Staaten – und dazu zählten schon damals die United States of America – neben gleißendem Reichtum eine so in die Augen springende Armut aufwiesen. George zufolge lag die Verantwortung für dieses Elend bei einer Minderheit von Eigentümern an Grund und Boden, die parasitär auf Kosten der restlichen Bürger leben. Selbst wenn sie ihren Boden ungenutzt brach liegen ließen, profitierten sie in Gestalt einer steil aufschießenden Bodenrente von der Entstehung einer Fabrik oder einer Ortschaft in der Nähe ihres Grundstücks. Mit anderen Worten, brauchten sie selbst keinen Finger zu rühren, um auf diese Weise an der Arbeit anderer zu verdienen. In einem Staat, wo die Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten geboren werden, sei nicht einzusehen, warum einige wenige dieses begrenzt vorhandene Gut in großer Menge besitzen, während andere – die Mehrheit – ein Leben lang von diesem Eigentum ausgesperrt bleiben und noch dazu gezwungen sind, an die parasitären Rentiers hohe Bodenrenten als Entgelt für bloßes Nichtstun zu zahlen. Um diesem Übel abzuhelfen, schlug George eine 100%ige Steuer vor, die allen parasitär erwirtschafteten Profit abschöpfen sollte. Diese Steuer würde die vorhandenen Abgaben auf Arbeit und Kapital nicht nur ersetzen, sondern sie schlechthin überflüssig machen – ein gewaltiger Vorteil für die Produktion, die wirkliche Quelle allen Reichtums, die auf diese Weise wesentlich stimuliert werden würde.
Ein revolutionärer und dennoch nicht restlos befriedigender Vorschlag
Henry George hielt das Privateigentum an Grund und Boden für eine grundsätzlich ungerechte Institution; de facto läuft seine Forderung nach einer 100%igen Besteuerung denn auch auf eine Nationalisierung des Bodens hinaus, da ein Interesse an dessen Erwerb natürlich nicht länger besteht, wenn der Ertrag daraus zu 100 Prozent abgeschöpft wird. Verlieren Anleger aber alles Interesse am Boden, da es ihnen keinen Profit mehr verschafft, wird natürlich auch die daraus fließende Steuer auf Null reduziert: Die Reform erweist sich zwar als voller Erfolg, die parasitäre Bodenrente ist abgeschafft, aber Steuern (gar solche, welche alle anderen ersetzen) lassen sich daraus nicht mehr gewinnen. Eindringlich und überzeugend hat Henry George den Finger auf die Wunde des parasitären Wirtschaftens in den reichen Industrieländern gelegt, aber seine Steuer (Single tax) hat nicht überzeugt und wurde daher auch nie praktisch angewendet. Auffällig ist überdies, dass George blind auf einem Auge blieb. Der Mechanismus der Zinsen (einschließlich Dividenden, Mieten etc.), der in unserer Zeit eine weit größere Rolle spielt, sorgt (außer in seltenen Nullzinsperioden) ebenso wie die Bodenrente für eine parasitäre Ballung des Reichtums in wenigen Händen, und zwar zu Lasten der arbeitenden Mehrheit.*5* Aber darüber sah Henry George hinweg: das Kapital blieb für ihn unantastbar.*6*
Es fehlt die Unterscheidung von gerechtem und für die Allgemeinheit gefährlichem Eigentum
Abgesehen von solchen Einwänden vermag die Forderung nach einer 100%igen Besteuerung der Bodenrente schon deshalb nicht wirklich zu überzeugen, weil die eigentlich wichtige Unterscheidung zwischen gerechtem Eigentum und jenem, das in die Unfreiheit führt, dabei unberücksichtigt bleibt. Wenn jeder Mensch mit gleichen Rechten geboren ist, dann steht ihm an dem unvermehrbaren Erbe des Bodens (und dem innerhalb einer gegebenen Zeit nur begrenzt vermehrbaren Erbe der Immobilien) ein numerisch im Hinblick auf die Bevölkerungszahl genau zu errechnender Anteil zu. Dieser Teil gerechten Privateigentums gehört demnach zum Erbteil eines jeden Bürgers und sollte deshalb auch unbesteuert bleiben. Erst wenn dieser Anteil überschritten wird, darf und muss eine progressive Besteuerung eintreten (so mein Vorschlag: siehe ‚Neuer Fiskalismus’ http://www.gerojenner.com/wp/?p=139, in dem man auch eine praktikable Abwandlung und Fortführung der Gedanken von Henry George sehen kann). Eine solche Lösung tastet das gerechte Privateigentum nicht an und trägt so der empirisch mit überwältigender Evidenz belegten Tatsache Rechnung, dass von ihm eine im höchsten Grade stimulierende und demokratisierende Wirkung ausgeht. Andererseits lässt sich die Akkumulation von Privateigentum in wenigen Händen auf diese Art wirksam bekämpfen, da parasitäres Einkommen aus Boden und Kapital im Sinne der Allgemeinheit besteuert wird, und zwar mit progressiver Tendenz. Je nach Steilheit der Progression lässt sich die Konzentration von Eigentum in wenigen Händen nicht nur wesentlich erschweren, sondern auch ganz verhindern. Das Freiheit ermöglichende Privateigentum wird dabei nicht in Mitleidenschaft gezogen, weil ja erst jenes, das Unfreiheit schafft, den parasitären Profit erzeugt und so zum Motor wachsender Ungleichheit wird.
1 Einen Mangel des Buches sehe ich allenfalls darin, dass es zwar überzeugend die belebende Wirkung möglichst stark verteilten Privateigentums nachweist, aber praktisch ganz aus den Augen lässt, dass Gesellschaften, die dem demokratischen Ideal und einer weitgehenden Eigentumsverteilung einmal sehr nahe waren (man denke an die ersten zwei, drei Jahrzehnte der Bundesrepublik), sich im Laufe der Zeit fast automatisch – und zwar trotz aller Umverteilung – wieder in Richtung der Konzentration von Eigentum und politischer Macht entwickeln (siehe das genannte Buch von Walter Scheidel).
2 Es versteht sich, dass diese Befriedigung nur dort in Frage kommt, wo Eigentum der eigenen Verwirklichung auch einen entsprechenden Spielraum bietet. Das ist natürlich nicht bei natürlichen Ressourcen wie Wasser, Öl, Gold, Eisenerz oder sonstigen Bodenschätzen der Fall. Hier läuft das Privateigentum nur auf eine Monopolstellung einzelner hinaus, die dem Interesse der Gesellschaft zuwiderläuft. In diesem Sektor sollten deshalb immer öffentliche Eigentümer in Erscheinung treten, im besten Fall wohl auf kommunaler Ebene, um die Ballung von Macht an der Spitze des Staats zu verhindern.
3 Proudhon argumentiert in Wahrheit viel differenzierter. Vgl. Egon Friedells Kommentar in der ‚Kulturgeschichte der Neuzeit’: „Für einen Kommunisten gilt auch Proudhon wegen seines berühmten Ausspruchs: »Was ist Eigentum? Es ist Diebstahl«; aber dieser Satz kehrt sich eben nur gegen das vom Staat geschützte, arbeitslose Eigentum, das aus Renten und Zinsen, Hausmiete und Bodenpacht, Sinekuren und Privilegien und dergleichen fließt, und nicht gegen den privaten Besitz: das Eigentum, sagt er, sei die Quelle alles Missbrauchs, der Besitz aber (der im bloßen Gebrauch dessen besteht, was man sich erarbeitet hat) schließe jede Möglichkeit des Missbrauchs aus; dieser sei die Bedingung, jenes der Selbstmord der menschlichen Gesellschaft, dieser sei rechtlich, jenes widerrechtlich; und weit entfernt, den Privatbesitz abschaffen zu wollen, in dem er den notwendigen Ansporn zur Arbeit, die Grundlage der Familie und die Quelle alles Fortschritts erblickt, will er vielmehr, dass jeder Mensch Privatbesitzer sei.“
4 Es gibt allerdings Liebesgemeinschaften wie Liebespaare, intakte Familien, Klostergemeinschaften oder auch Sekten, wo die Unterscheidung von mein und dein keine Rolle spielt. Abgesehen davon, dass sich die in ihnen übliche Gütergemeinschaft auf größere Gesellschaften nie übertragen ließ, wurde solcher Kommunismus nur nach innen gepflegt, nach außen haben solche Gruppierungen in der Regel streng auf ihrem Eigentum beharrt. Vgl. hierzu meinen früheren Artikel ‚Karl Marx – ein hellsichtiger Reaktionär’ (http://www.gerojenner.com/wp/?p=366).
5 Hierzu vgl. meine Arbeit ‚Das ökonomische Manifest‘ (http://www.gerojenner.com/wp/wp-content/uploads/2016/11/Das-Ökonomische-Manifest.pdf)
6 Siehe Prof. Dirk Löhrs informativen und für mich sehr anregenden Artikel ‚(Un)Recht am Boden’ (‚Humane Wirtschaft’, 04/2017) und https://mises.org/library/single-tax-economic-and-moral-implications.