(Auch erschienen in Tichys Einblick)
Im Blick auf Dostojewski und Tolstoi hat Thomas Mann von der heiligen Literatur Russlands gesprochen – jeder versteht, was damit gemeint ist. Dostojewski dringt in die Seele der sozialen Außenseiter und der Verbrecher ein, nicht um dort das Böse aufzuspüren – das sieht ohnehin jeder -, sondern um zu zeigen, dass auch der böseste Mensch letztlich ein Gewissen besitzt und um das Gute weiß – ein Bewusstsein, das bei ihm nur verschüttet war. Bei Dostojewski ist auch, vielleicht gerade, der böse Mensch im Letzten gut, er hat sich nur auf den falschen Weg begeben. Diese Botschaft ist es, die kein anderer Autor so überzeugend und mit solcher Leidenschaft in seinen Werken vertrat wie Dostojewski.
Heuchelei gibt es nicht ohne Gewissen
Dabei hat der russische Seelenforscher nicht einmal jenes Argument angeführt, welches die fehlende Symmetrie von Gut und Böse vielleicht noch stärker zum Ausdruck bringt: Ich meine die Heuchelei. Sie gilt zu Recht als eine der übelsten Eigenschaften, da sie Täuschung und Lüge bezweckt, aber die Tatsache, dass Heuchelei ein interkulturelles, zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften anzutreffendes Phänomen ist, sollte ein Hinweis sein, dass sich hinter ihr noch etwas anderes verbirgt, nämlich ein interkulturell, allgemeinmenschliches Wissen um das Gute. Heuchelei besteht darin, dass wir böses Denken und Tun mit einem Zuckerguss von edlen Absichten und Zielen umkleiden. Der Heuchler demonstriert zweierlei: Einerseits, dass er sich deutlich bewusst ist, etwas Böses ins Werk zu setzen, und andererseits, dass er eine klare Vorstellung vom Guten besitzt – oder zumindest ganz genau weiß, worin das Gute für diejenigen besteht, die er durch Heuchelei blenden will.
Asymmetrie von Gut und Böse
Liegt in der Heuchelei nicht der eindrücklichste Beweis, dass Gut und Böse niemals und nirgendwo auf ein und derselben moralischen Ebene liegen? Schönfärberei ist eine anthropologische Konstante, aber niemandem fällt es ein, eine gute Tat durch böse Absichten und Zwecke zu rechtfertigen. Für Schlechtfärberei, dieses gerade Gegenteil von Heuchelei, gibt es nicht einmal einen Namen – sie kommt unter Menschen einfach nicht vor -, während es doch unendlich viele Versuche gibt, auch dem Bösen in seiner grässlichsten Form: zum Beispiel den Massenschlächtereien großer Feldherren wie Alexander, Tamerlan oder Napoleon, einen Sinn anzudichten, d.h. dem Bösen etwas Gutes abzugewinnen. Dann legt sich Schönfärberei vorzugsweise sogar ein philosophisches oder metaphysisches Mäntelchen um. Das Böse wird von sinnsuchenden Denkern nachträglich als geschichtlich notwendig, unausweichlich, gottgegeben interpretiert: als Wille eines Weltgeistes zum Beispiel, der hoch zu Ross durch die Geschichte schreitet und keinen Blick dafür hat, wie viele Menschleben er dabei unter den Hufen zertritt. Was immer man von derartigen Theorien halten mag, in einer Hinsicht sind sie dennoch lehrreich: Mit Evidenz geht aus ihnen die Asymmetrie von Gut und Böse hervor. Der menschliche Geist scheint erst zur Ruhe zu kommen, wenn er das Böse letztlich unter dem Guten zu subsumieren vermag.
Allgegenwärtige Heuchelei
In der Politik ist Heuchelei allgegenwärtig: Wo es um ganze Gesellschaften geht, wird, wie nirgendwo sonst, um das Bewusstsein von Gut und Böse gerungen. In diesem Sinne versteht und verstand es sich stets von selbst, dass jeder Angriffskrieg als legitime Verteidigung präsentiert wird; dass die gewaltige Aufrüstung Chinas (Russland, der USA etc.) natürlich ganz und gar im Dienste des Friedens steht; dass jeder Zugriff auf die Ressourcen eines anderen Staates selbstredend den wohlverstandenen Interessen der ganzen Menschheit dient; dass die hemmungslose Bereicherung einiger Weniger für das allgemeine Wohlergehen letztlich segensreich sei (würden doch umso mehr Brosamen vom Tisch der Reichen fallen) und so weiter in einer endlosen Reihe.
Ebenso versteht sich von selbst, dass ein Gewaltstaat wie Nordkorea sich heuchlerisch als „Demokratische Volksrepublik“ bezeichnet, denn auch ein Gewaltherrscher ist sich bewusst, dass sein Willkürregiment für alle, die sich dazu frei äußern können, in die Kategorie des Bösen fällt. Mag er noch so skrupellos sein, die Tatsache, dass er sorgsam darauf achtet, seine persönlichen Absichten und Zwecke mit den Zuckergussbegriffen von Demokratie und Volk zu kaschieren, ist ein Beweis für das schlechte Gewissen. Überhaupt fällt es auf, dass Fernsehen, Radio und die übrigen Medien in echten Demokratien so oft den Anschein des Zynismus oder moralischen Relativismus erwecken, während sie umgekehrt in politischen Diktaturen und Oligarchien mit moralinsaurer Propaganda geradezu durchtränkt sind. Begriffe wie Anstand, Liebe (Vaterlandsliebe), Menschlichkeit etc. werden gerade dort mit mächtigem Pathos in die Welt posaunt, wo sie am ehesten mit Füßen getreten werden. Das galt einmal für die Medien der DDR und der Sowjetunion und gilt heute für andere Staaten mit schlechtem Gewissen.
Gerade von den weltweit größten Akteuren wird Heuchelei mit Hingabe gepflegt. Die Großmacht China wird de facto von einer sich selbst rekrutierenden Funktionärs-Oligarchie beherrscht. Das politische System hat gewiss nichts mit Demokratie zu tun, noch das ökonomische System mit Sozialismus, denn nirgendwo sonst sind persönliche Gier und individuelle Bereicherung so erfolgreich entfesselt werden. Beides hindert die Oligarchie allerdings durchaus nicht daran, sich die schönen Begriffe von Demokratie und Sozialismus auf die Fahne zu schreiben. Die Vereinigten Staaten sind, politisch gesehen, eine Plutokratie (wie Noam Chomsky schon vor Jahren konstatierte); das Volk kann sich dort in Wahlen nur zwischen Kandidaten entscheiden, welche das reichste Prozent der Bevölkerung durch seine Spenden erst wählbar machte. Allerdings gelang es den USA, das Problem des politischen Widerspruchs auf „elegantere“ Weise zu lösen als etwa China und Russland. Dort verschwindet der Dissident in Arbeitslagern oder wird – im Falle von Unbelehrbarkeit – überhaupt aus der Welt geschafft; in den Vereinigten Staaten darf dagegen jeder sagen und denken, was immer ihm beliebt, nur kann den Protest niemand hören, denn die großen (und auch viele kleinere) Medien befinden sich in den Händen der wirtschaftlich Mächtigsten. Nordamerikanische Dissidenten haben im eigenen Land keine Chance, Aufmerksamkeit zu erregen; mit offenen Armen empfängt sie dagegen der (überaus geschickt gemachte) russische Propagandasender „Russia Today“. Jeder, der hören und sehen kann, erlebt den Niedergang der ältesten westlichen Demokratie, doch in den USA selbst setzt sich Heuchelei auch darüber mühelos hinweg: Nach wie vor sieht man in der eigenen Art von Demokratie das Vorbild und den Exportartikel für die ganze übrige Welt.
Erst Mafia und später die Ehrbarkeit
Lüge macht einen Sinn nur deshalb, weil ihr ein Bewusstsein von der Wahrheit zugrunde liegt: Das ist die positive Lehre, die sich aus der Allgegenwart der Heuchelei ergibt. Der Vorrang des Guten und der Wahrheit manifestiert sich aber auch auf dem Niveau der Tatsachen selbst. Es ist bezeichnend, dass mafiaähnliche Zustände brutaler Gewalt fast immer am Anfang politischer Entwicklungen stehen, vor allem wenn diese als Reaktion auf soziales Chaos entstehen. Geht man nur weit genug in der Genealogie auch der ehrwürdigsten Fürstenhäuser zurück, so gelangt man irgendwann an einen (nachträglich reingewaschenen) Banditen, der die Macht mit Gewalt an sich riss, dabei erfolgreich war und im Laufe der Zeit eine Erbfolge begründete, die schließlich Frieden und Ansehen brachte. Eine brutale Gewaltherrschaft, die einem Einzelnen zunächst alle, den Beherrschten dagegen kaum Vorteile bringt, wird aber niemals als ein Endstadium gebilligt, sondern Herrscher und Beherrschte sind sich darin einig, dass Legitimität aus geteiltem Nutzen erwächst. Daher ist langfristig stets damit zu rechnen, dass sich auch das brutalste Regime mit der Zeit mäßigen wird (sofern eine äußere Bedrohung nicht ständig den Radikalismus anheizt oder am Leben erhält). Das galt, wie gesagt, in der Vergangenheit, wo Blut und Krieg am Ursprung der meisten Regime liegen; das trifft aber in unserer Zeit ganz genauso auf einen Verbrecherstaat wie ISIS zu, umso mehr als dieser gewiss nicht ohne jene fürchterlichen Verwüstungen entstanden wäre, die der Westen im Vorderen Orient zuvor angerichtet hatte. Jeder Staat hat die Pflicht, seine Bürger innerhalb der eigenen Grenzen zu schützen (z. B. gegen die Übergriffe von Terroristen), aber das Recht, sich jenseits seiner Grenzen in die inneren Belange anderer Staaten einzumischen, steht ihm nicht zu. Er kann es nur usurpieren – was typischerweise mit einem besonderen Aufwand an Heuchelei geschieht.
Der Empathieschalter in den Hirnen
Schön wäre es, wenn wir uns mit der einfachen Feststellung begnügen könnten, dass der Mensch ein Gewissen besitzt, dass ihm die Unterscheidung von Recht und Unrecht erlaubt. Leider ist die Wirklichkeit weit komplexer als diese gar zu einfache Formel. Ein Beispiel von welthistorischer Bedeutung mag das illustrieren. Die Soldaten Karls V. richteten unter den Eingeborenen Mittelamerikas eines der vielleicht größten Blutbäder der Geschichte an. Sie folgten dabei der Maxime, die im ganzen Lauf der Geschichte immer von neuem galt: Wenn jemand weit überlegene Waffen besitzt und mit Straflosigkeit rechnen kann, schreckt er vor keiner Untat zurück, sofern ihm diese entsprechende Vorteile verschafft (siehe „Der Mensch ist böse – wie böse ist er?). Andererseits gab es nicht wenige Spanier, die das Vorgehen ihrer Landsleute als genau das verurteilten, was es in Wahrheit war: ein unerhörtes Verbrechen. 1542 kam es zu einer Erörterung dieser Frage vor dem Kaiser. Die Fronten waren klar. Wenn es sich bei den Indios um gleichwertige Menschen handelte, dann hatte Spanien sich vor den Menschen und vor Gott schuldig gemacht. Der „Humanist“ Juan Ginés de Sepulveda trat in aller Schärfe gegen eine solche Selbstbezichtigung auf: Die Indios seien, so argumentierte er, keine vollwertigen Menschen, deswegen könne das Vorgehen der kaiserlichen Soldaten auch nicht als Verbrechen gewertet werden. Man hatte, wie ich es nennen möchte, den Empathieschalter umgelegt.
Ein solches Abschalten der Empathie und der damit einhergehenden Moral gehört ebenso zum Menschen wie die Empathie und die Moral selbst. Denn die Unterscheidung des Wirs – der eigenen Gruppe, Sippe, Stadt, Nation – von den Anderen, den Fremden, den Außenseitern geht bis in prähistorische Zeiten und bis zu den tierischen Vorfahren zurück. Die jüdischen zehn Gebote: Du sollst nicht töten, nicht stehlen, nicht ehebrechen, galten für die Glaubensgenossen, aber natürlich hat man sie nicht auf die fremden Götzenanbeter bezogen – die durfte man töten und bestehlen, unter Umständen sollte man es sogar. Denn sie waren Stammesfremde, Barbaren, Stumme (die nicht die eigene Sprache reden), Ungläubige oder überhaupt Nicht-Menschen, denen gegenüber die eigene Moral ihre Geltung verliert.
An diesem Gegensatz hat sich bis heute nichts geändert, sieht man einmal davon ab, dass die politischen Einheiten sich bedeutend vergrößert haben. Die universalistischen Religionen und Ideologien (Christentum, Islam, Marxismus etc.) stehen zwar jedem offen – man muss nicht länger in sie hineingeboren werden wie noch in die Stammesreligionen -, dennoch ist die Unterscheidung des Wir gegen die Anderen für den echten Gläubigen nicht minder definitiv. Es ist ebenso wenig möglich, zur gleichen Zeit Marxist und Kapitalist zu sein, wie man – selbst in einem säkularen Staat – gleichzeitig Katholik oder Muslim ist.
Spiegelneuronen als Grundlage von Empathie und Moral
Inzwischen ist der Forschung die Entdeckung gelungen, dass auch die Moral auf neurologischen Grundlagen ruht. Die sogenannten Spiegelneuronen befähigen uns, den Schmerz, die Freude, das Wohlbehagen, die Aufgeregtheit eines anderen Menschen auf ziemlich gleiche Art, im Extremfall sogar mit derselben Intensität wahrzunehmen, wie sie sich in unserem Gegenüber ereignet. Ohne diese im neuronalen System selbst verankerte Fähigkeit würde es keine Mitfreude, kein Mitleid, keine Mitbegeisterung geben. Die physiologisch begründete Empathie ist jedoch nicht nur auf andere Menschen beschränkt, sie reicht sogar über die Schranken der eigenen Art hinaus. Bei manchen Menschen erstreckt sich das Mitfühlen und Mitempfinden auf nichtmenschliche lebende Wesen wie Hunde, Katzen und andere höhere Arten DH. Wir „verstehen“, wenn ein Hund vergnügt herumtollt oder sich in Schmerzen windet. Allerdings weist die weitere in.o neuronal bedingtenmerz athie und Moralweistgerade dieses Beispiel auch auf einen weiteren (vermutlich ebenfalls neuronal bedingten) Tatbestand hin: Wir verfügen genauso über die Fähigkeit, einen Schalter umzulegen und die Empathie selektiv auszulöschen. Die Massentierhaltung, der unsere Mitgeschöpfe nur noch als industriell verwertbare Biomasse gelten, beweist dies genauso wie die völlige Abstumpfung gegenüber dem Leiden auch anderer Menschen, sobald diese von dem Kollektiv, mit dem wir uns identifizieren, als Barbaren, Schurken, Fremde, Nichtgläubige etc. gebrandmarkt wurden.
Ist alle Moral relativ?
Der Pate von Francis Coppola zeigt diesen Gegensatz von ein- und ausgeschalteter Empathie auf spektakuläre Weise. Dieselben Mafia-Bosse, die innerhalb der eigenen Gruppe unbedingte Loyalität, Opferbereitschaft, Treue und Zusammenhalt pflegen, sind nach außen zu jeder Bestialität imstande. Vielleicht liegt die unheimliche Faszination des Paten gerade darin, dass dieser Film nicht nur zu einem Spiegelbild für einen Großteil menschlicher Geschichte wird, sondern auch das potentielle Verhalten jedes einzelnen Menschen charakterisiert. Denn der Empathieschalter in unseren Gehirnen hat uns zu allen Zeiten erlaubt, das Gute ausschließlich gegenüber den Mitgliedern der eigenen Gruppe, den Gleichgesinnten, den Rechtgläubigen etc. zu praktizieren. Das ist kein Beleg für die Relativität der Moral. Mord und Diebstahl galten zu allen Zeiten als Übel, und Menschen waren sich stets darin einig, dass Freundlichkeit besser sei als der Hass. Das eigentliche Problem, aus dem das Böse immer aufs Neue entsteht, ist menschliche Vielfalt und Verschiedenheit: die Existenz des Gruppenfremden, der anders denkt, anders fühlt und anders handelt. Das Böse zwischen Gruppen, Stämmen, Nationen, Religionen und Ideologien entsteht als Reaktion auf diese als bedrohlich empfundene Vielfalt.
Die Wissenschaft
In dieser Vielfalt und in dem daraus entspringenden Bösen erkennt die Wissenschaft allerdings einen entwicklungsgeschichtlichen Sinn. Für sie repräsentiert der Mensch eine biologische Art neben anderen; innerartliche Vielfalt stellt in ihrer Sicht gerade denjenigen Faktor dar, welcher die bestmögliche Anpassung an wechselnde äußeren Bedingungen erlaubt. Der andauernde Kampf der Individuen und Ethnien gegeneinander erscheint als biologisch gewollte – und daher sinnvolle – Lösung, um dem Überleben der ganzen Art die größten Chancen zu bieten. Es war daher nahe liegend, die Darwinsche Lehre vom „survival oft the fittest“ auf menschliche Gesellschaften zu beziehen – eine Logik, die, wie man weiß, tiefe historische Spuren in die Geschichte und Psyche des Europäers gegraben hat. Sie hat dem Kampf der Nationen um die Vorherrschaft, wie er unter Hitler schließlich zur Selbstzerfleischung Europas führte, das sozial-biologische Argument geliefert. Das Böse in Gestalt einer ständigen Auslese erhielt nun eine höhere wissenschaftliche Weihe, so als würde der eigentliche Sinn der Evolution letztlich nur darin bestehen, die erfolgreichsten, kampftüchtigsten Exemplare einer Art – auch der menschlichen Art – heranzuzüchten.
Mit dieser Logik stößt die Menschheit des 21. Jahrhunderts an eine Barriere, hinter der sich der Abgrund öffnet. Mit ihrem eigenen Erfindergeist, mit ihren apokalyptischen Waffen der potentiellen Selbstauslöschung, setzt sie das bis dahin gültige Schema der Auslese außer Kraft: Der Sozialdarwinismus darf keine Geltung mehr haben, weil die Atomwaffe die Menschheit mit der kollektiven Selbstvernichtung bedroht. Das Böse des andauernden Kräftemessens, dem die Wissenschaft einen evolutionären Sinn zuteilen wollte, schlägt heute in das radikal Böse um.
Ich stelle mir vor, dass der Großinquisitor aus den „Brüdern Karamasow“ – mittlerweile von einem Mann der Kirche zu einem strengen Wissenschaftler mutiert -, seinem schweigenden Gegenüber die Position erklärt, warum der Mensch, um gut zu sein, seiner Freiheit beraubt werden müsse – er wisse mit ihr nichts anzufangen, weil seine Vernunft und seine natürlichen Bestrebungen ihn in keinem Fall davon abhalten würden, das Böse zu tun und sich dann am Ende selbst zu vernichten. Ich stelle mir vor, dass Jesus seinen Ausführungen ohne ein Wort der Entgegnung lauscht, nichts zur Verteidigung der Freiheit sagt, aber ihm an Ende einen Kuss auf die Stirn drückt. Das ist eine der großartigen Szenen aus jener Literatur, die Thomas Mann die heilige nannte.