Über die Funktionen einer Geschäftsbank gibt es auch unter Fachleuten abenteuerliche, zum Teil einander diametral widersprechende Ansichten. Die einen sind überzeugt, dass die Geschäftsbanken nach Belieben Geld schöpfen können. In dieser Fähigkeit und ihrem Missbrauch sehen sie sogar einen wesentlichen Grund für die Finanzkrise unserer Zeit. Andere halten dies für eine Illusion und interpretieren die Krise daher auch wesentlich anders. Dieser Gegensatz der Auffassungen ist nicht neu. Manchmal verläuft der Riss mitten durch ein und dieselbe Person. So hat sich etwa John Maynard Keynes in seinem Buch Vom Gelde mit großem Nachdruck für die Geldschöpfung ausgesprochen, während er in der General Theory diese Auffassung mit gleicher Entschiedenheit wieder verwarf (siehe mein Buch Wohlstand und Armut. S. 154-156).
Wird diese Auseinandersetzung auf seriöse Weise geführt, dann ist sie kein bloßer Streit um Worte oder akademische Belanglosigkeiten. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob die Banken eines Landes von sich aus beliebig viel Geld in Umlauf bringen – Geld also aus eigener Kraft erzeugen – oder ob ihnen diese Möglichkeit grundsätzlich verwehrt ist. Im ersten Fall haben die Geschäftsbanken eines Landes die Realwirtschaft gewissermaßen in ihrer Hand. Und nicht nur dies: Aufgrund ihrer Verfügung über die Geldzufuhr entwickeln sie sich außerdem zu unabhängigen Zentren der Macht. Dagegen treten sie im zweiten Fall nur als Dienstleister auf, die fremdes Geld verwalten. Ihre Macht ist nicht größer als die jedes anderen Dienstleisters auch.
Funktion I. Die Geschäftsbank als Vermittler von Spareinlagen
Diese Frage werden wir nur dann richtig beantworten können, wenn wir zunächst einmal die klassische Funktion einer Geschäftsbank darstellen, die ausschließlich ihrem Kerngeschäft nachgeht (also keine Investmentgeschäfte betreibt).
Dieser Artikel wurde in aktualisierter Form in mein neues Buch aufgenommen:
„EuroKalypse Now – Es gibt einen Weg aus der Krise!“
Es wird Anfang September dieses Jahres (2012) im Metropolis Verlag erscheinen.