Anmerkungen zum China-Buch von Desmond Shum (Red Roulette: An Insider’s Story of Wealth, Power, Corruption, and Vengeance in Today’s China)
Von Lumpen zum Luxus: in den vergangenen drei Jahrzehnten erlebte China den Aufstieg einer breiten Schicht von kommunistischen Neureichen, deren Konsumsucht noch überschreitet, was man bisher von westlichen Kapitalisten kannte. In seiner Jugend musste Desmond Shum (沈棟) den Schlafraum mit seinen Eltern teilen. Dagegen konnte er sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere erlauben, mit drei Privatjets nach Paris zu fliegen und im besten Pariser Restaurant an den Champs Elysees für sich und zwei befreundete Familien allein für den Wein mehr als 100 000 Euro hinzublättern. *1* Denn – auch das ist beste kapitalistische Tradition – ein Mensch ist nur so viel wie er scheint. Shum fuhr die teuersten Sportwagen – in China noch dazu fünfmal teurer verkauft als im Westen – und es verstand sich von selbst, dass er und seine Frau nur „sündhaft“ teure Appartements bewohnten. *2* Dass sie für ihre Autos ein Nummernschild erwarben, das ihnen wie sonst nur der Polizei oder den höchsten Parteibonzen erlaubte, unter Missachtung der Verkehrsregeln reservierte Straßenfahrstreifen zu benutzen, verstand sich von selbst. *3* Denn beständig muss der Erfolgreiche den anderen zeigen, dass er größer, besser und reicher ist. *4* Diese Erfolgssucht reicht bis in die Erziehung. Desmond Shum berichtet, dass er, obwohl früh der Klassenbeste, von seinen Eltern nie auch nur ein einziges Wort des Lobes hörte. Im Gegenteil, sein Vater schlug ihn mitleidslos, denn angeblich werden Kinder nur auf diese Weise dazu gebracht, immer höher hinaus zu streben. *4a*
Das kommunistische System hat einen Wettbewerb unter den Chinesen entfesselt, wie er Europa nur zu Beginn der fossil-industriellen Revolution beherrschte. Selbst staatliche Betriebe lauern einander auf, um sich gegenseitig zu übertrumpfen. Bürokraten setzen bezahlte Gangster ein, um sich die Rechte auf entwicklungsfähige Liegenschaften zu sichern. Rivalisierende Busunternehmen bedienen sich krimineller Praktiken, um konkurrierende Rivalen auszuschalten. *5* Wir Chinesen, sagt Desmond Shum, werden von früh auf gedrillt, in gnadenlosem Überlebenskampf einer gegen den anderen anzutreten. *6* Dass man im Umgang mit dem Westen ähnlich bedenkenlos vorgeht, versteht sich da natürlich von selbst. China hat sich mehrere Jahrzehnte hindurch das intellektuelle Eigentum anderer Staaten und Konzerne bedenkenlos angeeignet. *7*
Dennoch gehen diese äußerst rauen Sitten Hand in Hand mit einem überwältigenden Optimismus – das ganze Land ist von einer Aufbruchsstimmung erfüllt, *8* wie wir sie im Westen schon seit langem nicht mehr kennen. Die Menschen leben in dem Bewusstsein, dass alles möglich sei, sofern man es nur versteht, die eigenen Kräfte zielstrebig einzusetzen. So konnte ein Mann wie Desmond Shum, der bis dahin Flughäfen nur vom Sehen kannte, *9* zum erfolgreichen Bauherrn des größten Flughafen in Peking avancieren – eines der modernsten der Welt. Seit Deng Xiaoping verkündet hatte, dass es durchaus kein Makel sei, Reichtum zu erwerben, hat der mehrtausendjährige Drache den Rachen wieder weit aufgesperrt und speit nun sein Feuer ganz wie in alten Tagen.
Es ist schon erstaunlich, welche urkapitalistischen Praktiken dabei im kommunistischen China zur Anwendung gelangen. Das altbekannte Dilemma zeigt sich allerdings auch dort. Wer Ideen und Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss nicht unbedingt auch über Geld verfügen. Ein Mann wie Desmond Shum, der nicht nur den modernsten Flughafen Pekings erbaute sondern auch das damals größte und am besten eingerichtete Hotel der chinesischen Hauptstadt, machte das alles mit geliehenem Geld. *10* Dabei lässt man sich allerdings auf ein Va-Banque-Spiel ein, das jederzeit mit dem völligen Absturz enden kann. Regelmäßig scheinen ganze Zweidrittel der hundert reichsten Chinesen im jeweils nächsten Jahr bereits nicht mehr auf. *11*
Dabei hat das Land der Mitte – trotz Maos Radikalkur – die Vergangenheit keinesfalls abgeschüttelt, längst dringt die Tradition wieder an die Oberfläche. Ich muss dem Geschäftsmann Shum daher widersprechen, wenn er behauptet, die kommunistische Partei habe alle traditionellen Werte und Traditionen zerstört. *11a* Das ist viel weniger der Fall, als er glaubt. China wurde durch zweitausend Jahre von Literaten beherrscht – Voltaire hatte sie voller Bewunderung „Philosophen“ genannt -, die für ihre administrative Tätigkeit in den Provinzen des Reichs nicht mehr mitbrachten als die Kenntnis der überaus schwierigen chinesischen Schrift und der Klassiker, die sie größtenteils auswendig kannten. Anders gesagt, waren diese Leute ausschließlich in Sachen Lebensratgeber und Moral geschult. Die schöngeistigen Gouverneure gaben die Richtung vor, während ortskundige Kräfte ihre Vorstellungen technisch umsetzen mussten.
Die Literaten gibt es heute nicht mehr, an ihre Stelle ist die Partei getreten – und sie ist noch weit mächtiger als die Literaten es damals waren. Man braucht nur die öffentlichen Sitzungen des Volkskongresses zu verfolgen, dort trieft alles nur so von Moral. Es scheint immer nur darum zu gehen, die richtige Haltung zu besitzen – alles Weitere wird sich dann von ganz allein ergeben. Ganz so wie zweitausend Jahre lang die Schüler und späteren Beamten in den staatlichen Akademien über den Klassikern schwitzten, sitzen die Delegierten des Volkskongresses in der „Großen Halle des Volkes“ mit gesenkten Köpfen vor ihren Pulten und tragen die verordneten Weisheiten des Vorsitzenden Xi brav in ihre Kladden ein (schon Max Weber hatte gemeint, dass China eine einzige große Erziehungsanstalt sei). Inzwischen ist ganz China ein einziger Klassenraum, wo der Große Schulmeister sämtliche Bürger mit Hilfe von Argusaugen (Millionen von Kameras) sieben Tage 24 Stunden lang überwacht, um ihnen dann eine Betragenszensur zuzuweisen.
Eine merkwürdige Besonderheit des heutigen China (inzwischen aber auch schon der westlichen Welt) besteht darin, dass sich höchste Wissenschaftsgläubigkeit sehr wohl mit abstrusem Aberglauben und abenteuerlicher Esoterik verträgt. Der Aufstieg Chinas zur Supermacht ist der konsequenten und geradezu gierigen Übernahme der westlichen Naturwissenschaften geschuldet. Der Erfolg dieser Strategie ist nicht zu leugnen. Als einzigem Land der Welt ist es China gelungen, die Corona-Pandemie strikt nach den Vorschriften der wissenschaftlichen Epidemiologie zu bekämpfen und in Schach zu halten (ob strikte Quarantäne auch noch gegen das hochansteckende Omikron hilft, ist allerdings eine offene Frage). Dennoch bleibt ein seltsamer Widerspruch, der auch westliche Länder betrifft. Trotz eines bisher ungebrochenen Vertrauens auf die Wissenschaften, blüht und wuchert der krasseste Aberglaube. Wenn man Shum glauben darf, dann fällen auch führende Politiker ihre Entscheidungen selten, ohne vorher Wahrsager und Horoskope um Rat zu fragen. *12*
Weil die kommunistische Einheitspartei so mächtig ist, führen alle anderen Institutionen ein Leben von ihrer Willkür und Gnade. In jeder größeren Firma, an jeder Universität, in jeder Region, Gemeinde und Provinz, wachen Parteifunktionäre über die Linientreue und können jederzeit Entscheidungen im Sinne des Politbüros erzwingen. *13* Deshalb ist es im heutigen China äußerst gefährlich, die eigene Stärke oder gar Unabhängigkeit sichtbar hervorzukehren. Am eigenen Leib mussten Shum und seine Frau Whitney so wie viele neue, neureiche Multimilliardäre dies bitter genug erfahren. Wenn es dem Apparat gefällt, dann ist ein Krösus von gestern morgen nur noch ein armseliger Strafgefangener in einem abgelegenen Provinzgefängnis, über den das Gericht aufgrund einer ad hoc konstruierten Schuld ein „lebenslänglich“ verhängt. *14* Aber es kann noch schlimmer kommen, dann nämlich, wenn die Partei sich entschließt, den plötzlich in Ungnade Gefallenen gänzlich verschwinden zu lassen. *15* Die Zahl der auf diese Weise unerklärlich vernichteten Existenzen ist kaum abschätzbar – dieses Schicksal stieß von einem auf den anderen Tag auch der Frau des Autors zu, die bis dahin zu den reichsten und angesehensten in China zählte. *16* Die Partei – sprich das Politbüro, bestehend aus 25 Männern – hat in allen Dingen das letzte Wort. Wenn es den Bonzen an der Spitze des Staates gefällt, dürfen einzeln Kapitalisten die weltweit größten Unternehmen wie Alibaba und Tausend andere aus dem Boden stampfen. Doch sobald deren wachsende Macht der Führung bedrohlich erscheint, werden ihre Vorstände vor Gericht gezerrt – oder eben aus dem Wege geräumt wie Whitney Duan, die Frau von Desmond Shum. *17*
Zweitausend Jahre ist China mit der Herrschaft der Literaten nicht schlecht gefahren. Bis ins achtzehnte Jahrhundert war das fernöstliche Reich der wohlhabendste Staat der Erde. Die Literaten sorgten für die Kontinuität der Herrschaft. Unter ihnen durfte die Wirtschaft sich frei entfalten, allerdings nur solange sie der Allgemeinheit und nicht nur ihren Protagonisten diente und die bestehende Machtpyramide, sprich der Herrschaft der Philosophen-Literaten, nicht gefährlich wurde. Genauso verhält sich heute die späte Nachfolgerin dieses Systems – die Partei. Das wirtschaftliche Wachstum wird gefördert, solange es kein Eigenleben entwickelt und private Kräfte außerhalb und unabhängig von der Partei deren Vorherrschaft bedrohen. Im Augenblick findet in China eine Entwicklung statt, welche die Wohlfahrt der Massen in einem Maße begünstigt, wie dies niemals zuvor geschah. Eine noch bis vor drei Jahrzehnten überwiegend bitterarme Bevölkerung wurden aus großem Elend erlöst. Das allein ist eine atemberaubende Geschichte und gewaltige Leistung – und nur deshalb kann sich das in vieler Hinsicht so rücksichtslose Regime bis heute auf eine überwältigende Mehrheit stützen.
Und das, obwohl Korruption in China allgegenwärtig ist – wie früher unter den Literaten, so heute innerhalb der kommunistischen Partei. Mit Können allein steigt in China niemand zur Spitze auf; Beziehungen – Guanxi – regeln das Leben, vor allem Beziehungen zur Partei. *18* Wer diese vorweisen kann, braucht sich an keine Regeln zu halten. *19* Und nicht nur das: gerade die Beziehungen zu den Mächtigen bringen die Korruption zum Blühen, denn in China werden Vereinbarungen in den seltensten Fällen schriftlich fixiert, sind also kaum je transparent und nachweisbar. Alles geschieht auf Grundlage von Vertrauen zu Leuten, mit denen man besondere Beziehungen pflegt. *20* Das gilt schon für einen Besuch bei einem Arzt. Wenn dieser den mit Bargeld gefüllten roten Briefumschlag ablehnt, sollte man sich von ihm besser keine Heilung erhoffen. *21*
Beziehungen rangieren in China generell über schriftlich fixierten Rechten. Diese können jederzeit von der Partei – in der Regel mit Rückwirkung in die Vergangenheit – für null und nichtig erklärt und aufgehoben werden. *22* Da die Partei das Recht sozusagen verkörpert, ist – wie in jedem autoritären Regime – zwar nicht Rechtlosigkeit, aber prinzipielle Rechtsunsicherheit die Folge. Im Hinblick auf die Vergangenheit hatte Max Weber argumentiert, dass der „rationale“ Kapitalismus aufgrund dieser Unsicherheit in China niemals entstehen konnte. Der britische Anthropologe David Graeber gibt ihm darin Recht. *23*
Unsicherheit der rechtlichen Stellung gilt insbesondere für die Frauen. China ist bis heute ein klassisches Patriarchat, wo eine hohe Stellung der Männer diesen bis heute die Möglichkeit gewährt, sich eine oder mehrere Mätressen zu halten. *24* Eine unter Männern beliebte Art, gegenseitiges Vertrauen herzustellen, besteht darin, denselben Raum mit mehreren willigen Frauen zu teilen. *25** Ähnliche Praktiken patriarchaler Verbrüderung finden sich schon im alten China – wie der literaturkundige Historiker aus dem „Traum der roten Kammer“ weiß. Aber sie sind natürlich keine chinesische Erfindung.
Innerhalb der Partei bestehen große Unterschiede der sozialen Macht und Stellung. Den höchsten Platz besetzt die „Rote Aristokratie“, bestehend aus den inzwischen sehr alten Leuten, die noch unter Mao kämpften, sowie deren Nachwuchs. Diese Veteranen der Revolution behaupten bis heute die meisten Schlüsselstellungen und genießen Privilegien aller Art, von denen das Volk nur träumen kann. *26*
Ja, der große Vorsitzende, Xi Jinping, hat eine Behörde zur Bekämpfung der allgegenwärtigen Korruption eingesetzt. Doch nicht allein Desmond Shum sieht deren eigentlichen Zweck darin, missliebige Rivalen und Dissidenten aus dem Weg zu räumen. *27* In dieser Auffassung glaubt er sich dadurch bestärkt, dass westliche Werte wie die Freiheit der Meinungsäußerung und eine unabhängige Justiz unter Xi mehr und mehr unter Druck geraten. *28* Es fügt sich in dieses Bild, dass die Regierung Privatunternehmen in jüngster Zeit zunehmend schwächt, Staatsunternehmen dagegen im Aufwind sind. *29* Inzwischen ist die chinesische Elite überzeugt, dass der Westen im Niedergang sei und die Zukunft dem chinesischen Modell von Wirtschaft und Gesellschaft gehören werde. *30*
Natürlich ist der Dissident Desmond Shum anderer Meinung. Er hält es für ein Verbrechen, dass man Leute wie ihn erst hochkommen lässt, nur um ihnen am Ende die Flügel zu stutzen. Aber er hätte wissen sollen, dass Leute wie er nicht nur zur Gefahr für eine diktatorisch herrschende Einheitspartei werden können sondern auch für demokratisch gewählte Regierungen. Wenn sie könnten, sagte kein Geringerer als der amerikanische Präsident Woodrow Wilson, dann würden die Reichsten im Lande die Regierung usurpieren. *31* Und Präsident Eisenhower sah den Aufstieg des industriell-militärischen Komplexes in seinem Land bekanntlich mit großer Besorgnis.
Wird China die Zukunft gehören? Das scheint durchaus möglich, wenn es dem Regime auch in den kommenden Jahren gelingt, die Masse der Bevölkerung im gewohnten Eiltempo aus der Armut zu erlösen. Auch wenn westliche Intellektuelle gern das Gegenteil glauben – die meisten Menschen fragen nicht nach der Freiheit des Wortes, wenn sie die Möglichkeit haben, durch eine weitgehende Freiheit der Tat – wirtschaftliche Freiheit – ihre Situation innerhalb weniger Jahre spektakulär zu verbessern. Diesen sozialen Fortschritt hat die chinesische Partei seit Deng Xiaoping den Chinesen zweifellos gebracht. Trotz Korruption und Privilegien der roten Aristokratie hat sie den Massen zu einem merklich besseren Leben verholfen. Ich kann der Meinung von Desmond Shum daher nicht zustimmen, wonach die Behauptung der kommunistischen Partei, die allgemeine Wohlfahrt über die individuelle zu stellen, nicht mehr als eine Lüge sei. *32* Nein, die roten Prinzen wären schon längst hinweggefegt worden, hätten sie nicht das Volk ebenso wie sich selbst bereichert. Dieser Verpflichtung hatten sich im klassischen China auch die Literaten unterworfen – nur deshalb hat ihre Herrschaft zweitausend Jahre lang gewährt. Ob die Herrschaft der kommunistischen Partei sich in Zukunft als ebenso unerschütterlich erweisen wird, ist eine ganz andere Frage. Es ist keineswegs sicher, dass sie einen starken wirtschaftlichen Einbruch überleben würde.
(Wer das eindeutige Dafür oder Dagegen, das Schwarz oder Weiß verlangt, der wird diesen Artikel unbefriedigend finden. Aber politische und soziale Systeme und ebenso Menschen sind selten eindeutig. Das trifft nur auf blutige Monster wie Hitler oder Stalin zu, aber auf einen Putin erst seit seinem Überfall auf die Ukraine, bis dahin war er im Rechts- und Linksaußenlager ausgesprochen beliebt und wurde mehrfach zum Mann des Jahres gekürt – selbst von amerikanischen Magazinen, z.B.Time 2007).
*1* The wines alone ran more than $100,000 and we ate and drank for hours. Yes, this was conspicuous consumption, but for Whitney and me it was conspicuous with a purpose.
*2* We were living together in an outrageously expensive apartment and driving a car that in China cost five times what it would cost overseas. We were buying the most expensive things.
*3* … having high-status plates was a must. With the right plates, you could cruise down the bus-only lane, drive on sidewalks, make an illegal U-turn, run a red light, and park in a no-parking zone near a favored restaurant.
*4* I had my sports cars and wine, but Whitney always had a larger appetite. She had this deep desire to show the largeness of her life to people around her, a desire that grew as her wealth increased. She needed to convince people that she was bigger than they were, better than they were, superior in every way.
*4a* So, at home, I grew up in an environment of degradation and punishment… Perhaps this is common among kids from China, where expectations are high and criticism constant, and where parents believe that children learn by failure, not through success… I was one of the first in my class let into the Little Red Guard, a selective children’s organization sanctioned by the Chinese Communist Party. I’d been appointed a class proctor and recognized as a natural leader. But my dad didn’t care. He beat me anyway.
*5* Competing state-owned phone companies ripped out one another’s lines, even though, technically, they were all owned by the state. Bureaucrats deployed thugs to battle other thugs over the rights to develop property. Rival bus manufacturers sent gangs across provincial lines to kidnap their foes.
*6* From an early age, we Chinese are pitted against one another in a rat race and told that only the strong survive.
*7* China was the intellectual property rip-off capital of the world.
*8* … it wasn’t just people like Whitney and me in the upper crust who felt this way. The whole society shared our optimism.
*9* I had no idea what I was doing. I’d never built anything before, much less a logistics hub at a big urban airport that needed a strict delineation between tariff-free imports and those subject to tax. There were security concerns as well. I reached out to airports around Asia and the world.
*10* If you weren’t fully leveraged, you were falling behind… Given the multitude of investment opportunities during the boom-boom days of China’s economic rise, all of us were leveraged to the hilt.
*11* Two-thirds of the people on China’s one hundred wealthiest list would be replaced every year due to poor business decisions, criminality, and/or politically motivated prosecutions…
*11a* In its seventy years in power, the Party had destroyed traditional Chinese values…
*12* Getting one’s fortune told was all the rage among China’s elite. People at the top of China’s pyramid hired soothsayers, qigong masters, and purveyors of all sorts of hocus-pocus… In its seventy years in power, the Party had destroyed traditional Chinese values and had essentially outlawed religion. In the vacuum, superstition took hold.
*13* Every university in China is run by the Chinese Communist Party and all universities, just like all K–12 schools, have Party secretaries who are usually far more powerful than school presidents, deans, or principals. The same is true for China’s political system, where the Party general secretary outranks the premier; … The Party secretary in a county, city, or province outranked the county chief, mayor, or provincial governor. Even China’s military, the People’s Liberation Army, was legally not the army of the Chinese state. It was the Party’s army.
*14* In China, the Communist Party can fabricate evidence, force confessions, and level whatever charges it chooses, untethered to the facts.
*15* Unexplained disappearances occur regularly in China, where the Communist Party holds a monopoly on power… people who’d been educated in the West were murdered by the thousands for the crime of favoring Western ideas like science, democracy, and freedom.
*16* ON SEPTEMBER 5, 2017, WHITNEY DUAN, age fifty, disappeared from the streets of Beijing. She was last seen the day before in her sprawling office at Genesis Beijing, a development project she and I had built worth more than $2.5 billion.
*17* Private entrepreneurs, who had saved China’s economy just a few years before, were now painted as a fifth column of Western influence.
*18* The marriage of know-how with political backing became a template for China’s march into the future and a way for ambitious men and women.
*19* I quickly learned that in China all rules were bendable as long as you had what we Chinese called guanxi, or a connection into the system.
*20* Nothing was on paper; it was all done on trust.
*21* In China, if a doctor didn’t accept your “red envelope” stuffed with cash, you immediately grew concerned.
*22* When the Chinese government passes a law it invariably makes it retroactive, so events that occurred years ago that had been unregulated could become crimes today.
*23* Allerdings ohne dabei Bezug auf Max Weber zu nehmen. Graeber: „Der konfuzianische Staat mag die größte und beständigste Bürokratie der Welt gewesen sein, aber er förderte aktiv die Märkte, und infolgedessen war das Handelsleben in China bald weitaus ausgefeilter und die Märkte weiterentwickelt als irgendwo sonst auf der Welt. Und das, obwohl die konfuzianische Orthodoxie den Kaufleuten und sogar dem Gewinnstreben selbst offen feindlich gegenüberstand. Kommerzieller Gewinn wurde nur als Entschädigung für die Arbeit angesehen, die Kaufleute aufwandten, um Waren von einem Ort zum anderen zu transportieren, niemals aber als Früchte der Spekulation. In der Praxis bedeutete dies, dass sie zwar für den Markt, aber gegen den Kapitalismus waren… Aus dieser Perspektive war China während des größten Teils seiner Geschichte die ultimative antikapitalistische Marktwirtschaft /meine Hervorhebung. Man könnte auch sagen: eine undemokratische soziale Marktwirtschaft (wenn man von einer solchen in Gesellschaften sprechen kann, in denen eine überwältigende Mehrheit aus weitgehend rechtlosen Bauern bestand – was vor der industriellen Revolution für sämtliche bevölkerungsreiche Staaten galt)/. Anders als spätere europäische Fürsten weigerten sich die chinesischen Herrscher systematisch, sich mit potenziellen chinesischen Kapitalisten (die es immer gab) zusammenzutun. Stattdessen sahen sie und ihre Beamten nur zerstörerische Parasiten in ihnen… Was auch immer man von den Prinzipien halten mag, die Ergebnisse sind schwer zu leugnen. Während des größten Teils seiner Geschichte hatte China den höchsten Lebensstandard der Welt – selbst England überholte es erst in den 1820er Jahren, also weit nach der industriellen Revolution.
*24* Male officials had mistresses, sometimes by the dozen. But it was rare to hear of women keeping men.
*25* He noted that a particularly effective way to bond with a Party official was to share a room with him and several girls at once.
*26* Those people had access to duty-free shopping concessions and, often, exclusive contracts that were licenses to print money.
*27* As Xi’s corruption campaign played out, I finally concluded that it was more about burying potential rivals than about stamping out malfeasance.
*28* Document Number 9 warned that dangerous Western values, such as freedom of speech and judicial independence.
*29* Who are these capitalists trying to privatize part of what should have been a state-owned facility? This type of attitude wasn’t confined to our project; it infected the entire economy. “State-owned enterprises march forward, private firms retreat” became the new buzzwords, signaling a shift at the top of the Party.
*30* The negative changes began to accelerate in 2008 during the second administration of Party chief Hu Jintao and Premier Wen Jiabao. A main catalyst was the global financial crisis. The crisis validated a belief inside the Party about the superiority of China’s political and economic system to that of the West… Startled at the liberal tendencies of my fellow capitalists, the Chinese Communist Party, starting in the mid 2000s, moved to weaken the moneyed class, uproot the sprouts of civil society that we’d planted, and reassert the Party’s ideological and economic control of Chinese society.
*31* Wilson schrieb 1913 in seinem Buch The New Freedom: „Wenn das Monopol fortbesteht, wird das Monopol immer am Ruder der Regierung sitzen. Ich erwarte nicht, dass das Monopol sich selbst zurückhalten wird. Wenn es in diesem Land Männer gibt, die groß genug sind, um die Regierung der Vereinigten Staaten zu besitzen, dann werden sie sie auch besitzen.“
*32* There’s a lie perpetrated by the Chinese Communist Party that it prioritizes the collective over the selfish interests of the individual.
Kommentar von Prof. Peter Kupfer, Sinologe an der Universität Mainz:
vielen Dank für den Artikel! Großartig, wie Du die Parallelen zur Tradition aufzeigst! Ja, die KP ist nichts anderes als eine Fortsetzung des kaiserlichen Beamtenapparats. Und die meisten Milliardäre gibt es zurzeit in China. Man fragt sich nur, was alles hinter dem rigorosen Anti-Korruptions-Kampf Xi Jinpings steckt – nur eine Farce?…