Die Verwendung von Einkommen für den aktuellen und den aufgeschobenen Konsum erschöpft nicht die Möglichkeit der Verwendung eigenen Geldes. Zur Vermeidung von Steuern könnte sein Eigentümer es auch schlicht auf seinem Girokonto parken. Selbst wenn es dort kein leistungsloses Einkommen abwirft, weil die Zinsen nahe bei Null sind, wäre es doch dem Zugriff des Fiskus entzogen. In diesem Fall würde Geld möglicherweise in großem Umfang gehortet und damit dem Geldkreislauf entzogen werden, was sich wiederum negativ, nämlich deflationär, auf den Güterkreislauf auswirkt. So wie sich der Staat jetzt schon Einblick in die Konten seiner Bürger verschafft, um Geldwäsche zu verhindern, wird er diesen Einblick entweder der Steuerbehörde gewähren oder Geschäftsbanken dazu verpflichten müssen, dass sie bei Überschreitung eines maximalen Betrags auf dem Girokonto die Steuerbehörde unter Angabe der Identifikationsnummer von diesem Tatbestand informieren.
Damit alles Einkommen entweder im aktuellen Konsum verwendet wird oder auf dem Sparkonto für den aufgeschobenen Konsum erscheint, muss verhindert werden, dass der Steuerpflichtige es stattdessen auf seinem Girokonto hortet. Das lässt sich auf einfach Art dadurch erreichen, dass Geschäftsbanken verpflichtet werden, nur Beträge von, sagen wir, bis zu 10 000 Euro auf diesem Konto zuzulassen. Sobald es nach Monatsende einen höheren Stand aufweist, wird der Überhang automatisch auf das Sparkonto des Steuerpflichtigen weitergeleitet. Befinden sich also beispielsweise am Monatsende noch 23 000 Euro auf dem Girokonto, dann werden 13 000 sogleich auf das Sparkonto transferiert. Der Bevölkerungsmehrheit kann diese Maßnahme gleichgültig sein. Da die Ersparnis bis zu einer Standardpauschale des aufgeschobenen Konsums steuerfrei bleibt und bis zu einer Pauschale für den aufgeschobenen Mindestkonsum vom Staat sogar steuerlich begünstigt wird (etwa in der Art des Zinszuschusses wie im Bausparen), wäre es für die meisten Menschen schlicht ein Verlustgeschäft, ihr Geld auf einem zinslosen Girokonto zu parken. Angenommen, dass der Mindestkonsum mit achttausend Euro netto pro Monat angesetzt wird und die durchschnittliche Lebensdauer nach Beginn der Pension mit zehn Jahren, so ergibt sich eine Mindestpauschale für den aufgeschobenen Konsum von (12*10*8000=) ca. einer Million Euro. Bis zu diesem Betrag würde es daher keinen Sinn ergeben, das eigene Geld auf einem zinslosen Girokonto zu horten. Alle Differenzbeträge über 10 000 Euro automatisch auf das Sparkonto umzuleiten, ist nur deswegen unerlässlich, weil es eben auch große Sparer gibt, deren Ersparnis über – unter Umständen sehr weit über – der Pauschale für den aufgeschobenen Standardkonsum liegt (die man etwa mit zwei Millionen Euro ansetzen könnte). Sie sind der progressiven Besteuerung ausgesetzt, der sie durch das Horten ihres Geldes auf dem Girokonto entgehen könnten.
Für die kleine Zahl jener, die sich aufgrund der Lehre von Silvio Gesell für eine Reform des Geldsystems interessieren, sei angemerkt, dass das Problem deflationär wirkenden Hortens – der Angelpunkt dieser Lehre – damit aus der Welt geschafft ist (Bargeld ist ja ohnehin nicht mehr im Umlauf).
Immer wird man auch damit rechnen müssen, dass eine kleine Zahl von Personen darauf spekuliert, im Alter und in Notfällen von der Allgemeinheit aufgefangen zu werden. Sofern ihr Einkommen so gering ist, dass ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, treten jene Mechanismen in Kraft, die ich unter der Überschrift „Arbeitslosigkeit, Bedürftigkeit, Notsituationen“ beschreibe. Aber man muss auch mit der Möglichkeit rechnen, dass Personen, die durchaus über ausreichendes verfügen, ihr gesamtes Geld dennoch ausschließlich für den aktuellen Konsum verwenden. In diesem Fall tritt eine obligatorische Vorsorge ein, wie der Staat sie für die Bevölkerungsmehrheit auch heute durchführt. Wenn das Einkommen über einer bestimmten Grenze liegt, aber der Betreffende selbst keine Vorsorge trifft, dann wird die Besteuerung des aktuellen Konsums automatisch heraufgesetzt. Der entsprechende Mehrertrag wird dann vom Staat investiert, d.h. der Staat betreibt die Vorsorge stellvertretend für den betreffenden Bürger.
Diese Alternative sollte auch als ganz legale und sogar normale Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Es ist dann kein Vergehen, wenn Bürger mit ausreichendem Einkommen auf die eigene Vorsorge verzichten und diese stattdessen dem Staat bzw. staatlichen Organisationen überlassen. Allerdings würde es eine unzulässige Einschränkung individueller Freiheit bedeuten, wenn man ausschließlich diese Möglichkeit zulassen würde. Es sollte dem einzelnen überlassen bleiben, auch riskantere Formen der Anlage zu wählen. Der Staat würde auf jeden Fall die sicherste und damit die am wenigsten ertragreiche Form der Anlage wählen.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass sich das Verhältnis zwischen Investitionsbedarf und Sparvolumen dauernd verschiebt. Es lässt sich in einer Marktwirtschaft nur teilweise über die Zinsen regeln. Höhere Zinsen sorgen zwar einigermaßen verlässlich für ein vermehrtes Sparangebot, aber niedrige Zinsen führen in der Regel zu Geldhortungen (und Deflationen) oder zur Ableitung in die Finanzwirtschaft. Beides wird durch die Besteuerung des aufgeschobenen Konsums wirksam verhindert. Der Staat verfügt jetzt aber noch über ein weiteres Instrument, um aktuellen und aufgeschobenen Konsum ins Lot zu bringen. Er kann die jeweilige Progression unabhängig voneinander verändern und damit gezielt entweder das Sparvolumen oder den Konsum begünstigen.