(als Gastbeitrag teilweise abgedruckt in: "Die Presse" vom 28.5.2012)
Teil I: Griechenlands Eurokalypse
Es ist wahr, dass die Griechen sich mit falschen Zahlen den Zugang zur Eurozone erschlichen haben. Doch wahr ist ebenfalls, dass damals niemand so genau hinsehen wollte. Bis vor kurzem herrschte ja noch Erweiterungseuphorie. Die deutsche Industrie hat prächtig daran verdient, dass der Export von BMWs, U-Booten, Volkswagen, Pflanzenschutzmitteln nach Griechenland durch die gemeinsame Währung erleichtert wurde. Andererseits waren deutsche (neben französischen) Banken, Versicherungen und Pensionsfonds nur zu gerne bereit, dem griechischen Staat das nötige Geld vorzuschießen, damit sich seine Bürger all diese schönen Dinge auch leisten konnten. Auch die Gläubiger, die den Banken das dafür erforderliche Geld bereitgestellt haben, konnten mit diesem Handel nur glücklich sein, weil ein starkes Europa ihnen ja die gewünschte Sicherheit und Rendite garantierte.
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Doch schon bei der Einführung des Euro im Vertrag von Maastricht hatte es nicht an warnenden Stimmen gefehlt. Immerhin waren in Europa bereits zwei derartige Projekte gescheitert, einerseits die „Lateinische Münzunion“ zwischen Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und Griechenland, die faktisch von 1865 bis 1914, formal bis 1926 existierte, andererseits die skandinavische Währungsunion, die zwischen 1872 bis 1924 bestand. In beiden Fällen entwickelten sich die volkswirtschaftlichen Daten so stark auseinander, dass die Bündnisse platzten.
Zu denken geben sollte aber vor allem der Verlauf jener Währungsunion, die unter den denkbar besten Bedingungen ins Leben gerufen wurde: die Union zwischen den alten und neuen deutschen Bundesländern seit der Wiedervereinigung. Es waren dieselben „tüchtigen“ Deutschen hüben und drüben, zwischen denen sie hergestellt wurde. Sie fand zudem unter dem Dach eines gemeinsamen Staates statt und wurde durch Transferzahlungen gewaltigen Ausmaßes erleichtert. Dennoch hat sich der Abstand der Wirtschaftsleistung zwischen Ost und West bis zum heutigen Tag kaum verringert. Wenn schon ein Experiment unter maximal günstigen Bedingungen derartige Schwierigkeiten bereitet, muss man da nicht den Worten des ehemaligen Präsidenten der Hamburger Landeszentralbank, Wilhelm Nölling, beipflichten? Dieser ist überzeugt, dass Euro „der größte Irrtum in der Währungsgeschichte [sei], der das Potenzial in sich birgt, den Kontinent zu zerreißen“. Gemeinsam mit anderen Experten hat der Volkswirtschaftler deshalb eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Dieser Artikel wurde in aktualisierter Form in mein neues Buch aufgenommen:
„EuroKalypse Now – Es gibt einen Weg aus der Krise!“
Es wird Anfang September dieses Jahres (2012) im Metropolis Verlag erscheinen.